Vergleich des Kartellamts:Millionen Gaskunden zahlen zu hohe Preise

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Süddeutsche zahlen viel mehr für Gas als Norddeutsche. Die Unterschiede betragen bis zu 50 Prozent. Die Verbraucher haben jedoch kaum die Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln.

Hans-Willy Bein

,,Trotz Liberalisierung kommt der Wettbewerb nur schleppend in Gang'', sagte Kartellamtschef Ulf Böge am Mittwoch. Seine Behörde verglich bundesweit die Preise von 711 Gasversorgern.

Die Übersicht ist auf der Internetseite www.bundeskartellamt.de veröffentlicht. Demnach beliefern etwa die Stadtwerke Soltau in Niedersachsen ihre Haushaltskunden bei einer Abnahme von 7000 Kilowattstunden Gas im Jahr zum Preis von 381 Euro und sind damit der günstigste Anbieter.

Demgegenüber kostet die gleiche Menge Gas bei den Stadwerken Völklingen im Saarland 563,60 Euro und damit fast 50 Prozent mehr. Preisunterschiede von 40 bis 43 Prozent stellte die Behörde bei der Abnahme größerer Mengen fest.

Bei einer Abnahme von 20000 Kilowattstunden im Jahr kostet das Gas bei bei der Gasag Berlin 1116 Euro, bei der RheinEnergie AG Köln 1164, 20 Euro und bei den Stadtwerken München 1206 Euro. Berlin ist neben Hamburg derzeit die einzige Großstadt, in der Gaskunden die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern haben. Überall sonst ist der Gasmarkt fest in Händen der örtlichen Anbieter.

Hinweis auf Missbrauch

Böge will mit Hilfe der Zahlen nun überprüfen, ob einzelne Versorger diese Marktmacht missbrauchen. Die Preisunterschiede könnten einen Hinweis auf solchen Missbrauch geben, das Kartellamt könnte in diesem Fall einschreiten. Missbrauchs-Vermutungen äußerte auch der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD).

Die Landeskartellbehörde habe daher mit einer Überprüfung der Gaspreise begonnen. Der Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) zeigte sich erstaunt über den Preisvergleich. Seit dem Stichtag der Untersuchung des Kartellamts und der Landeskartellbehörden am 15. November habe es zweimal Veränderungen der Gaspreise bei verschiedenen Lieferanten gegeben, zum 1. Dezember und zum 1. Januar 2007.

Diese Anpassungen sind nach Angaben eines Verbandssprechers nicht in der Tabelle des Kartellamts berücksichtigt. Deshalb sei ihre Aussagekraft zweifelhaft.

In Deutschland ist der Gaspreis an die Notierungen des Öls gekoppelt. Da Öl in den letzten Monaten billiger geworden ist, sinken nun auch die Preise für Gas, allerdings je nach Versorger in unterschiedlichem Tempo.

Zerrissene Preislandschaft

Der Marktführer Eon Ruhrgas, der ausschließlich Großkunden der Industrie und Weiterverteiler wie Stadtwerke beliefert, hatte zum 1. Januar die Preise gesenkt. Konzernchef Wulf Bernotat sagte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, in den nächsten Monaten könne Gas billiger werden. In welchem Umfang die Stadtwerke die Preissenkungen an die Haushaltskunden weitergeben, liegt in deren Ermessen.

Eine Umfrage des Energie Informationsdienstes zeigt, wie zerrissen die Preislandschaft ist. Während einige Versorger zum Jahreswechsel ihre Tarife trotz der höheren Mehrwertsteuer nicht veränderten, senkten andere ihre Preise. Es habe aber auch Preiserhöhungen gegeben.

Eon Ruhrgas und Wingas reagierten außerdem auf Spekulationen, die aggressive Preispolitik des russischen Versorgers Gazprom könne dazu führen, dass Gas in Deutschland deutlich teurer wird. Es gebe langfristige Verträge, die die Bindung des Preises an die Ölnotierungen festlegten, erklärten beide Unternehmen.

Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, hatte vor Preiserhöhungen gewarnt. Gazprom verfolge eine Höchstpreisstrategie, die sich in Kürze auch an Gasrechnungen ablesen lasse, erklärte sie im Tagesspiegel. Ähnlich äußerte sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

© SZ vom 4.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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