Verfahren der EU-Kommission:Die Last mit der Maut

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Die EU hat ein Verfahren gegen Deutschland wegen der geplanten Lastwagen-Maut eröffnet. Besonders die geplanten Entschädigungszahlungen an die Transportbranche missfallen Brüssel. Ob das Verfahren die Einführung der Maut beeinträchtigt, ist noch nicht geklärt.

Gut einen Monat vor dem geplanten Start steht die deutsche Lkw-Maut erneut vor gravierenden Hürden: Die EU-Kommission eröffnete am Mittwoch ein Prüfverfahren gegen Deutschland, weil die vorgesehenen Entschädigungen für heimische Spediteure wettbewerbswidrig sein könnten.

Das Verfahren könnte auch eine "aufschiebende Wirkung" für die Lkw-Maut haben, betonte die zuständige EU-Kommissarin Loyola de Palacio. Das Bundesverkehrsministerium sah dagegen den pünktlichen Start zum 31. August nicht gefährdet. Handel und Spediteure warnten derweil vor einem Verkehrschaos wegen fehlender Geräte für die elektronische Erhebung der Abgabe.

Die Maut soll zum 31. August für schwere Laster von mindestens zwölf Tonnen eingeführt werden. Zunächst müssen im Durchschnitt 12,4 Cent pro gefahrenem Autobahn-Kilometer gezahlt werden, geplant ist eine Anhebung auf bis zu 15 Cent.

Für die deutschen Spediteure hat die Bundesregierung dabei Kompensationen im Umfang von 600 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. In erster Linie soll ein Teil der Mineralölsteuer auf Lkw-Diesel mit der Maut verrechnet werden können.

EU: Verfahren hat aufschiebende Wirkung

Wie die EU-Kommission mitteilte, handelt es sich bei diesen Ausgleichszahlungen möglicherweise um staatliche Beihilfen. Deshalb müsse Brüssel prüfen, ob sie mit der EU-Gesetzgebung vereinbar seien. Die Eröffnung des Verfahrens "hat eine aufschiebende Wirkung bei der Einführung dieser Maut", sagte de Palacio in Brüssel.

Zur Erläuterung erklärte die Kommission, die Entschädigungen seien Bestandteil des deutschen Mautgesetzes. Deshalb könne die Bundesregierung die Lkw-Maut erst starten lassen, wenn ein neues Gesetz in Kraft getreten sei, das die Kompensationen nicht mehr enthalte.

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) betonte dagegen in Berlin, die Einführung der Maut sei "durch das Verfahren nicht in Frage gestellt". Er begrüße es, dass die Kommission "nach langer inoffizieller Erörterung" die aus ihrer Sicht entscheidenden Fragen nun "klar dargelegt hat", erklärte der Minister.

Die Bundesregierung werde alles tun, um Brüssel von der Vereinbarkeit dieser Regelung mit EU-Recht zu überzeugen. Ein Sprecher Stolpes erklärte, dass Alternativen wie etwa eine Absenkung der Kfz-Steuer denkbar seien, falls die EU nach dem Prüfverfahren die derzeit geplante Kompensation für unzulässig befinden sollte.

Planugsunsicherheit für den Handel

Besorgt äußerte sich der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels: Das eingeleitete Beihilfeverfahren der EU "verschärft die Planungsunsicherheit beim Handel", erklärte BGA-Präsident Anton Börner in Berlin. Zusätzlich bringe der nur "sehr schleppend vorangehende" Einbau von On-Board-Units zur elektronischen Mauterhebung in Lkw die Branche in Bedrängnis, kritisierte Börner.

Durch lange Wartezeiten vor den Mautstellen an Tankstellen seien Schäden in Millionenhöhe zu erwarten. Der Bundesverband Güterkraftverkehr warnte vor einem drohenden Verkehrschaos: "Ich fürchte, dass wir sehr schnell auch einen Blutzoll für die deutsche Maut zu bezahlen haben", sagte Verbandsgeschäftsführer Karlheinz Schmidt im ZDF.

Tankstellen an Autobahnzufahrten würden von Lkw zugeparkt, und dies sei vor allem nachts extrem gefährlich. Für die Spediteure seien viel zu wenige On-Board-Units verfügbar; zudem funktionierten sie in der Regel nicht: Bei den probeweise eingebauten Geräten gebe es "reihenweise Pannen", so Schmidt.

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