Verbraucherschützer empört:Tiefer Blick ins Private

Wenn Unternehmen vermuten, dass beim Download von Dateien Urheberrechte verletzt wurden, sollen sie künftig Nutzerdaten erhalten - auch ohne richterlichen Beschluss.

Unternehmen sollen künftig das Recht bekommen, die Verbindungsdaten privater Internetnutzer zu bekommen. Dies sieht ein Gesetzentwurf zur Durchsetzung des geistigen Eigentums vor.

In einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Bundestags hat nun der Verbraucherzentrale Bundesverband die geplante Regelung scharf kritisiert. Denn der Datenzugriff werde künftig auch ohne richterlichen Beschluss ermöglicht.

"Der Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen rechtfertigt keine hemmungslose Preisgabe privater Nutzerdaten", sagte vzbv-Vorstand Edda Müller.

Mehr als nötig

Mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung des geistigen Eigentums" will Deutschland eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzen. Die Richtlinie sieht vor, dass Rechteinhaber etwa aus der Musik- oder Filmwirtschaft bei Verletzung ihrer Rechte im Internet Auskunft bei den Providern verlangen können.

Die EU-Richtlinie sieht allerdings einen solchen Auskunftsanspruch erst bei einem gerichtlichen Verfahren vor. Hier hat die Bundesregierung bereits draufgesattelt.

Schon vor einem offiziellen Verfahren soll mit einem richterlichen Beschluss der Einblick in die Nutzerdaten möglich sein. Auf Druck der Musik- und Filmbranche verlangt der Bundesrat aber noch eine weitergehende Abweichung vom EU-Recht: Selbst ohne richterlichen Beschluss sollen Rechteinhaber von den Internetprovidern die Herausgabe privater Nutzerdaten verlangen können.

Außerdem will der Bundesrat die für die Bekämpfung des Terrorismus und anderer schwerer Straftaten vorgesehene Vorratsdatenspeicherung jetzt auch zur privaten Verfolgung von Urheberrechtsverstößen nutzen.

Privaten Nutzern drohten massenhaft mit Abmahnungen und Prozessen überzogen zu werden, warnt der Verbraucherzentralen Bundesverband.

Allein in diesem Jahr habe die Musikindustrie mehr als 25.000 Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen eingeleitet. Bei Verbraucherzentralen häuften sich die Beschwerden: Viele Verbraucher berichten, dass zum Teil auch gegen geringfügige Verstöße Minderjähriger mit unnachgiebiger Härte vorgegangen wird.

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