USA:Wirtschaft gegen Bush

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Der US-Präsident verweigert sich tapfer dem Umweltschutz - doch die Unternehmen seines Landes denken mittlerweile um.

Von Andreas Oldag

Mit seinem kategorischen Nein zu allen verbindlichen Zielsetzungen beim Klimaschutz hat sich US-Präsident George W. Bush nicht nur im Kreis der Industriestaaten isoliert. Auch im eigenen Land stößt er zunehmend auf Widerstand. Es sind Initiativen in den US-Bundesstaaten aber ebenso Unternehmen, die neuerdings ihr Herz für den Umweltschutz entdeckt haben.

Vorreiter ist der Mischkonzern General Electric (GE), der vor kurzem ein ehrgeiziges Programm verkündet hat: Bis zum Jahre 2010 will GE jährlich 1,25 Milliarden Dollar in die Erforschung und Entwicklung energiesparender Technologien stecken. Außerdem hat sich der Konzern mit seinen weltweit 320.000 Mitarbeitern das Ziel gesetzt, die Belastung durch Treibhausgase in seinen Werken bis 2008 um 30 Prozent zu reduzieren.

Die Kunden wollen es

Ist aus dem Saulus ein Paulus geworden? Wird sich GE-Konzernchef Jeffrey Immelt nun mit den amerikanischen Grünen und mit notorischen Umweltschützern wie dem Verbraucheranwalt Ralph Nader verbünden? Wohl kaum. Immelt ist kein Idealist, der den Profit des Unternehmens leichtfertig aufs Spiel setzt. Ihn treibt durchaus kühles, ökonomisches Denken: So hat sich das Kaufverhalten der Kunden geändert.

Immer mehr Konsumenten verlangen umweltfreundliche Produkte, so dass dies für einen Konzern, der wie GE von der Waschmaschine über die Glühlampe bis hin zur Flugzeugturbine alles herstellt, eine wichtige Richtschnur für Investitionsentscheidungen ist. Mit der Produktion von Windkraft-Turbinen zur Stromerzeugung wird GE beispielsweise nach Branchenschätzungen in diesem Jahr schon zwei Milliarden Dollar umsetzen.

GE ist kein Einzelfall. Der Mischkonzern 3M hat den Ausstoß von Treibhausgasen bereits seit 1995 um etwa 35 Prozent reduziert. Der im US-Bundesstaat Ohio ansässige Stromversorger Cinergy warnt vor den schädlichen Auswirkungen der globalen Erwärmung.

Das Unternehmen befürwortet ein nationales Programm zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes. In die gleiche Kerbe schlug American Electric Power (AEP), einer der größten Stromerzeuger der USA. Das Problem klimaverändernder Treibhausgase sei eine "Herausforderung", die landesweit angepackt werden müsse, heißt es von dort. Beide Firmen kümmerten sich bislang kaum um Umweltschutz.

Die Versorger betreiben noch viele technisch veraltete Kohlekraftwerke aus den 70er und 80er Jahren, die den Dreck unzureichend gefiltert in die Luft blasen.

"Klima-Kriminellen"

Zwar lehnt es die US-Energiebranche ebenso wie die Bush-Regierung ab, das Kyoto-Protokoll über die Reduzierung der Treibhausgase zu unterzeichnen. Washington hat ein Horrorszenario entworfen, wonach Kyoto der US-Wirtschaft etwa 400 Milliarden Dollar (313 Mrd. Euro) und 4,9 Millionen Jobs Arbeitsplätze kosten würde.

Doch offenbar sind die Energieversorger im zunehmenden Maße um ihren Ruf bei den Kunden besorgt. Sie wollen nicht länger als umweltpolitische Sündenböcke dastehen, wie beispielsweise der Chef des weltgrößten Ölkonzern Exxon, Lee Raymond, der stramm auf der Seite der Bush-Fans steht und von der Umweltschutzorganisation Greenpeace vor kurzem als "Nummer Eins" unter den "Klima-Kriminellen" tituliert wurde.

Von New York bis San Francisco wehren sich überall im Lande Umweltorganisationen gegen die Verpestung von Luft und Wasser. Bürgerinitiativen kämpfen um den Erhalt der bedrohten Nationalparks. Etwa 40 der 50 US-Bundesstaaten haben eigene Klimaschutzpläne entwickelt. Ausgerechnet Bushs Parteifreund und Gouverneur des US-Bundesstaats Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, hat sich einem der ehrgeizigsten Programme zur Reduzierung der Treibhausgase verschrieben.

In dem bevölkerungsreichsten US-Staat sollen die Emissionen innerhalb der nächsten fünf Jahre auf das Niveau des Jahres 2000 sinken sollen. Bis 2020 sollen sie dann auf den Stand von 1990 sinken, bis 2050 auf 80 Prozent unter den Stand von 1990. Um die Ziele zu erreichen, setzt der Gouverneur auf erneuerbare Energien, auf Wasserstoffmotoren und auf verbindliche Vorgaben für die Automobilindustrie.

Die Richtwerte gelten für Autos, die ab 2009 in dem Westküstenstaat zugelassen werden. Vorgeschrieben ist, dass der Ausstoß von Kohlendioxid bis 2016 um 30 Prozent reduziert wird. Zehn weitere Bundesstaaten wollen die kalifornischen Grenzwerte übernehmen. Die Bush-Regierung gerät damit in Defensive. "Die Regierung muss aufpassen, dass sie nicht ähnlich wie in der Irak-Krise das Vertrauen ihrer Wähler verliert", meint ein Wall-Street-Banker.

© SZ vom 12.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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