US-Notenbank:Bush will Bernanke zum Fed-Chef machen

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US-Präsident George W. Bush hat seinen Wirtschaftsberater Bernard Bernanke für die Nachfolge von Notenbankchef Alan Greenspan nominiert. Der Volkswirt war bisher schon im Aufsichtsrat der Federal Reserve Bank (Fed) vertreten und einer der wichtigsten Wirtschaftsberater von Bush.

Andreas Oldag

Die US-Börsen reagierten mit Kursgewinnen auf die Nachricht. Die wichtigsten Indizes zeigten sich deutlich im Plus. Offenbar erwarten die Märkte von der Nominierung Bernankes keinen Kurswechsel. "Meine Priorität wird die Fortführung der Politik und Strategie der Greenspan-Ära sein", betonte Bernanke denn auch nach seiner Nominierung.

US-Präsident George Bush und sein Wirtschaftsberater Bernard Bernanke. (Foto: Foto: AP)

Sollte die Personalentscheidung von Präsident Bush auch vom Senat bestätigt werden, wird Bernanke Nachfolger von Alan Greenspan, der auf fast fünf Amtsperioden an der Spitze der Fed zurückblicken kann. Der 79-jährige Greenspan ist seit dem 11. August 1987 im Amt und tritt Ende Januar 2006 ab. Bush hat sich mit der Nachfolge für den Mann entschieden, der bereits seit Wochen als Top-Favorit in Washington genannt wurde. Der Notenbankchef gilt nach dem Präsidenten als zweitwichtigster Mann der USA. Er hat mit seinen Zinsentscheidungen zentralen Einfluss auf die Wirtschaft der USA und der Welt.

Querdenker im republikanischem Lager

Fast drei Jahre gehörte Bernanke dem Gouverneursrat der US-Notenbank an. Seit Juni hat der Fachmann für Geldpolitik und Makroökonomie den Vorsitz im Stab der Wirtschaftsberater des US-Präsidialamtes inne. Der 51-Jährige, der als Querdenker gilt, zählt politisch zum konservativen republikanischen Lager. Er ist jedoch kein aktives Mitglied der Partei von Bush.

Nach einem Bachelor-Abschluss an der Harvard-Universität 1975 promovierte Bernanke 1979 am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) -und übernahm gleich im Anschluss seine erste Lehrtätigkeit an der Stanford-Universität, bevor er 1985 nach Princeton wechselte. Frühere Kollegen bezeichneten Bernanke, Vater zweier Kinder, einmal als "Weltklasse-Volkswirt ohne ideologische Scheuklappen".

An der Wall Street gab es am Montag unterschiedliche Meinungen über Bernanke. "Ich glaube nicht, dass der Markt negativ reagiert, wenn es Bernanke wird", meinte Peter Cardillo von SW Bach and Co. Bernanke zähle zwar zu den Falken, aber nicht zu den ganz Hartgesottenen.

Michael Metz von Oppenheimer Holdings zeigte sich dagegen skeptischer. Bernankes Entscheidungen seien meist zu schnell und seine Haltung zur Inflation und Deflation oftmals falsch gewesen. "Von allen Fed-Gouverneuren ist er derjenige, vor dem mir am meisten bange ist", so der Analyst. "Mir macht Sorge, dass er durch seine bisherige Rolle sehr eng mit Bush verbunden ist," sagte ein anderer Experten. Die Sorge: Der US-Präsident könne versuchen, den neuen Fed-Chef zu beeinflussen.

Der Nominierung Bernankes ging im Weißen Haus ein längerer Entscheidungsprozess voraus. Neben Bernanke wurden zwei weitere Namen am häufigsten genannt: Glenn Hubbard, früherer Chef-Wirtschaftsberater Bushs und Dekan der betriebswirtschaftlichen Fakultät an der Columbia-Universität in New York, sowie Martin Feldstein, Harvard-Professor und Berater des früheren Präsidenten Ronald Reagan. Der 47-jährige Hubbard hatte sich bei Bush beliebt gemacht, indem er zu Beginn von dessen Amtszeit mithalf, die Serie von Steuersenkungen durchzusetzen. Für Feldstein sprach seine langjährige Rolle als Advokat einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.

Der Wachwechsel an der Spitze der Fed könnte einen vorsichtigen Kurswechsel der Notenbank zur Folge haben, die in den vergangenen Monaten mit zunehmenden Inflationsrisiken zu kämpfen hatte. Entsprechend könnte die Fed unter ihrem neuen Chef künftig ein Inflationsziel vorgeben. Greenspan hatte sich erfolgreich dagegen gesperrt, dem Vorbild anderer Notenbanken zu folgen und sich auf ein konkretes Ziel für die Inflationsrate zu verpflichten. Bush würdigte die Verdienste Greenspans, der "fast zwei Jahrzehnte unsere Wirtschaft durch Höhen und Tiefen begleitet hat". Dank seines "klugen Urteils und weiser Politik" sei die Inflation niedrig geblieben, so der Präsident.

Maßvolle Geldpolitik

Die Fed hat den US-Leitzins zum elften Mal in Folge im September um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent angehoben und signalisiert, dass sie eine weiterhin maßvolle Straffung ihrer Geldpolitik betreiben wird. Seit Juni 2004 hat die Fed die Zinsen von einem 46-Jahres-Tief von 1,00 Prozent schrittweise angehoben. Sie reagierte damit auf zunehmende Inflationsgefahren im Zuge des wieder anziehenden Wirtschaftswachstums in den USA. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält den Leitzins in der Euro-Zone seit Juni 2003 auf dem historischen Tief von 2,0 Prozent. Auf konjunkturelle Veränderungen werde sie reagieren, sofern dies zur Stabilisierung der Preise notwendig sei, hieß es.

(SZ vom 25.10.2005)

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