US-Immobilien:Angst vor dem Absturz

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Kreditfinanzierte Eigenheime sind in den USA angesichts magerer staatlicher Pensionen eine beliebte Altervorsorge. Experten warnen allerdings angesichts möglicher Zinserhöhungen vor dem bösen Erwachen.

Von Andreas Oldag

Auf dem amerikanischen Immobilienmarkt herrscht noch Goldgräberstimmung. Die Preise steigen rasant. Wer sich im New Yorker Stadtteil Manhattan eine Wohnung kaufen will, sollte Millionär sein.

Innerhalb eines Jahres sind die Preise in vielen Vierteln um mehr als 40 Prozent in die Höhe geschossen. Für eine 80 bis 90 Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung in Manhattan muss man derzeit im Durchschnitt 998.000 Dollar (rund 893.000 Euro) hinblättern - knapp 30 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Altersvorsorge Eigenheim

Doch auch die hohen Preise können Amerikaner nicht vom Haus- oder Wohnungskauf abhalten. Im Gegenteil: Die eigenen vier Wände gelten angesichts dürftiger staatlicher Pensionen als eine der wichtigsten Vorsorgen fürs Alter.

Und die Hypothekenfinanzierung läuft wie geschmiert. Der Boom wird angetrieben durch billiges Geld. Die US-Leitzinsen sind auf dem niedrigsten Stand seit 1958. Der Zins für eine Immobilienfinanzierung mit 30-jähriger Laufzeit liegt bei 5,9 Prozent.

Beispiellose Verschuldung

Die Kehrseite ist allerdings eine beispiellose Verschuldung der privaten Haushalte, die nach Angaben des Wirtschaftsmagazins Economist allein im vergangenen Jahr um rund 900 Milliarden Dollar gestiegen ist.

Auch Autos, Fernseher und Möbel werden meistens per Kredit gekauft. Seit Anfang 2000 ist die Verschuldung der US-Haushalte zweimal so schnell wie das Einkommen gestiegen.

Wie lange geht das noch gut? Droht am Ende des Booms der Absturz? Stephen Roach, Chef-Ökonom von Morgan Stanley, warnt vor einem bösen Erwachen der US-Verbraucher.

Keine vernünftige Geldpolitik der Notenbank

In diesem Zusammenhang bezichtigt er vor allem die US-Notenbank Fed als "Serientäter" in Sachen Spekulationsblasen, weil sie es versäumt habe, durch eine vernünftige Geldpolitik gegenzusteuern.

In den 90er Jahren war es die Internet-Ökonomie, die den Börsenboom anheizte und schließlich am Ende Millionen von Anlegern um ihr Geld brachte. Nun könnte die Immobilienblase platzen und den gerade begonnenen Wirtschaftsaufschwung gefährden.

Albtraumszenario: Panik an den Märkten

Wenn die Verbraucher klamm werden, könnte dies Panik an den Märkten auslösen. Ein Albtraumszenario für US-Präsident George W. Bush, der sich im November zur Wiederwahl stellt und als Garant für wirtschaftliche Prosperität in die Geschichtsbücher eingehen will.

Bisher ist das Kalkül von US-Bürgern, die eine Hypothek zur Baufinanzierung aufgenommen haben, immer aufgegangen. Im Vergleich zu Deutschland sind Umschichtung und Refinanzierung weit mehr verbreitet. Amerikaner kaufen und verkaufen Immobilien in viel kürzeren Zeitabständen.

Da die Preise bislang stiegen und die Zinsen sanken, reizte dies dazu, den Erlös für den Kauf eines üppigeren Eigenheimes einzusetzen. Meistens steigt aber in solchen Fällen auch die Verschuldung.

Dass allerdings das Ende der Fahnenstange bei Zinssenkungen erreicht ist, hat US-Notenbankchef Alan Greenspan bereits klar gemacht. Experten erwarten noch in diesem Jahr eine Leitzins-Erhöhung. Als Folge werden auch die Hypothekenzinsen klettern.

Dann dürfte es für Hausbesitzer eng werden, die mit ihrer Bank einen variablen Zinssatz vereinbart haben. Dies sind nicht wenige Amerikaner, weil die Kreditinstitute Kunden, die nur geringes Eigenkapital haben, häufig keine langfristige Finanzierung anbieten.

© SZ vom 11.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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