US-Filmindustrie:Hollywood laufen die Zuschauer weg

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Trotz teurer Dreharbeiten und Werbekampagnen enttäuschen viele Filme die hoch gesteckten Erwartungen der Studios.

Von Antonie Bauer

Nach einer Reihe von Boomjahren ist in Hollywood Ernüchterung eingekehrt: 2003 gehen die Umsätze in Amerikas Kinos erstmals seit langem wieder zurück. Das ist schlecht für die Filmstudios, deren Budgets in letzter Zeit förmlich explodiert sind.

Die Hollywood-Studios haben derzeit nicht so viel Spaß an ihren Filmen. Die Einnahmen sind rückläufig. Eine Szene aus "Drei Engel für Charlie - volle Power". (Foto: dpa)

Bislang haben Kinogänger in den Vereinigten Staaten nach Angaben des Brancheninformationsdienstes Exhibitor Relations acht Prozent weniger Tickets gekauft als im Vorjahr. Auf Grund von Preiserhöhungen sank der Umsatz allerdings nur um vier Prozent.

Alte Rezepte

Das sorgt aber dennoch für lange Gesichter im rekordverwöhnten Hollywood. Zu Unrecht, meinen Manche: "Die Erwartungen sind mittlerweile völlig übertrieben", sagt Bruce Snyder, Vertriebschef bei Twentieth Century Fox. Im vergangenen Jahr stieg das Kassenergebnis nach Zahlen des Branchenverbandes MPAA um 13 Prozent auf 9,5 Milliarden Dollar. Diese Marke wird die Branche in diesem Jahr kaum schaffen.

Dabei setzt Hollywood mehr denn je auf altbewährte Rezepte, vor allem auf Fortsetzungen. Doch die Rechnung geht nicht immer auf. So hat etwa die zweite Folge von Charlie's Angels (deutscher Titel: Drei Engel für Charlie - volle Power) nach drei Wochen nur 82 Millionen Dollar eingespielt - weit weniger, als sich der Produzent Sony erhofft hatte.

Immerhin haben die Engel in der Herstellung 130 Millionen Dollar gekostet; dazu kamen Marketing-Kosten von 40 Millionen Dollar. "Im letzten Jahr hat einfach die Mischung gestimmt", erklärt Exhibitor-Relations-Chef Paul Dergarabedian die gegenwärtige Malaise. 2003 seien die Filme nicht so gut, und es gebe viel zu viele Fortsetzungen.

Doch das vermeintliche Erfolgsrezept funktioniere allmählich nicht mehr, das Publikum habe sich an Neuaufgüssen sattgesehen. Manche Fortsetzungen seien auch einfach schlecht, das spreche sich schnell herum.

Hollywood begrenzt solchen Schaden, der durch negative Mundpropaganda entsteht, indem es möglichst viele Besucher auf einen Schlag anlockt. Der durchschnittliche Sommerfilm läuft heute in 3200 Kinos gleichzeitig an, 1993 waren es nur 1800. Mit Hilfe gigantischer Werbe-Ausgaben werden die Säle gefüllt. "Um angesichts der großen Konkurrenz Beachtung zu finden, müssen wir viel Geld ausgeben", sagt Snyder.

Der Start entscheidet

Entsprechend stark sind die Marketingkosten angestiegen - nach Zahlen des Branchenverbandes im Schnitt auf knapp 31 Millionen Dollar pro Film . Bei den großen Kassenschlagern betragen sie oft weit mehr. Damit ist aber laut Snyder ein furioser Start schon fast sicher: "Unabhängig von der Qualität ist das erste Wochenende meist gut."

Danach trennt sich die Spreu vom Weizen; viele Produktionen verschwinden schnell von der Leinwand. Vor zehn Jahren hatte ein Film nach den ersten drei Wochenenden rund die Hälfte seines gesamten Kino-Umsatzes eingespielt. Heute sind es nach Angaben von Exhibitor Relations mindestens drei Viertel. So brachte etwa die groß angekündigte, 150 Millionen Dollar teure Comic-Verfilmung The Hulk am ersten Wochenende 62 Millionen Dollar ein - danach kam insgesamt nur noch einmal derselbe Betrag in die Kassen.

Nach alter Definition wäre Hulk immer noch ein so genannter Blockbuster. Früher galt als solcher Riesenerfolg, was mehr als 100 Millionen Dollar einspielte. Heute, sagt Snyder, habe sich die Marke auf 200 Millionen Dollar verschoben.

Angesichts eskalierender Kosten sind 100 Millionen Dollar oft zu wenig. 2001 legten die MPAA-Mitglieder für die Produktion eines Films - ohne Marketing - im Schnitt 47,7 Millionen Dollar hin, 2002 schon 58,8 Millionen Dollar. Dieser Trend scheint anzuhalten. Budgets weit über 100 Millionen Dollar sind nicht selten. Terminator 3 hat sogar 175 Millionen Dollar gekostet.

Die Studios machen einer Faustregel zufolge nur rund 30 Prozent des Umsatzes mit ihrem Anteil an den US-Kasseneinnahmen der Filme. Dazu kommen das internationale Geschäft, Fernsehen, DVD und diverse Zusatzeinnahmen rund um den Film - vom Videospiel über Plastikpuppen bis zu neuen Eissorten.

Doch obwohl die Gelegenheiten zur weiteren Verwertung zugenommen haben, sei es nicht leichter geworden, die Kosten eines Films wieder hereinzubekommen, sagt eine Sprecherin von Warner Brothers, dem in diesem Jahr zweiterfolgreichsten Studio. Einen Flop reißen auch Auslandsgeschäft und Merchandising nicht mehr heraus. Für Warner ist klar: "Ein guter Kinostart in den USA treibt das ganze restliche Geschäft an."

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