US-Autobosse vor dem Kongress:Voller Demut

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Bescheidener Bittgang der "Großen Drei": GM und Chrysler würden auf Wunsch des Kongresses sogar fusionieren. Doch bislang zeigen die Angebote der US-Autobauer wenig Wirkung.

Diesmal kamen die Autobosse der krisengeschüttelten "Großen Drei" in Hybrid-Autos nach Washington statt in ihren Firmenjets. Und neben Sanierungsplänen hatten sie auch Mea Culpas im Gepäck - das Eingeständnis etwa, nicht rasch genug in spritsparende Modelle investiert zu haben. Insgesamt, so bescheinigten ihnen viele US-Zeitungen am Freitag, präsentierten sich die Chefs von General Motors, Chrysler und Ford deutlich bescheidener als bei ihrem ersten Bettelgang vor den US-Kongress im November, ließen sie sich bisweilen gar abkanzeln wie kleine Schuljungen.

Die Vorstandsvorsitzenden Richard Wagoner von GM (von links), Robert Nardelli von Chrysler und Alan Mullay von Ford vor dem Finanzkomitee des Repräsentantenhauses. (Foto: Foto: AP)

Aber auch die neue Demut bei den Anhörungen vor zwei Ausschüssen half möglicherweise nichts: Der Kongress scheint im Tauziehen um eine Rettungsaktion für die Autoindustrie festgefahren wie eh und je. Ein heilloses Durcheinander von Vorschlägen gibt es, aber kein mehrheitsfähiges Konzept.

Nur in zwei Punkten herrscht Einklang: Niemand im Senat und Abgeordnetenhaus will Schuld an einer Pleite der Autounternehmen sein, niemand aber auch den Zorn der Steuerzahler auf sich ziehen, die nach dem Willen der Vorstandsvorsitzenden von GM, Chrysler und Ford 34 Milliarden Dollar für die Rettung ihrer Unternehmen locker machen sollen.

In das Tauziehen um ein Darlehen auf Kosten der Steuerzahler schaltete sich am Freitag auch Präsident George W. Bush ein. Er räumte ein, dass die US-Wirtschaft in einer Rezession steckt und rief den Kongress dazu auf, in der kommenden Woche zu handeln, um drohende Pleiten in der Autoindustrie abzuwenden.

Bush beharrte aber weiterhin darauf, dass zur Rettung bereits gewährte 25 Milliarden Dollar verwendet werden, die eigentlich zur Förderung spritsparender Autos eingesetzt werden sollten. Das lehnen aber die meisten Demokraten ab.

Sie wollen stattdessen, dass Geld aus dem 700-Milliarden-Dollar-Fonds zur Rettung der Finanzbranche genommen wird, wogegen sich wiederum das Weiße Haus sperrt. In einem Brief an Bush bekräftigten die demokratischen Spitzen im Senat und Abgeordnetenhaus, Harry Reid und Nancy Pelosi, am Donnerstag ihre Forderung.

Insgesamt wollen die "Großen Drei" 34 Milliarden US-Dollar (26,78 Mrd Euro). Die US-Autobauer brauchen einen Teil der Mittel noch vor Weihnachten, um hunderttausende Arbeitsplätze in dieser Schlüsselindustrie vorerst zu retten. Am Ende könnten sie wesentlich mehr Geld benötigen, fürchtet der Chefvolkswirt von Moody's, Mark Zandi. Angesichts der vorhergesagten Verkaufsrückgänge bräuchte die Autobranche zwischen 75 bis 125 Milliarden Dollar. Zusätzliche Dringlichkeit erhielt eine Lösung durch neue Arbeitsmarktzahlen. Danach gingen in den USA im November 533.000 Jobs verloren und damit noch weitaus mehr als ohnehin befürchtet. Vor diesem Hintergrund äußerte auch Bush am Freitag Besorgnis über die Zukunft der Beschäftigen in der Autoindustrie und zugleich darüber, dass Steuergelder an nicht überlebensfähige Unternehmen fließen könnten.

Hilfen an die Autobauer aus dem bereits bewilligten 25- Milliarden-Dollar-Betrag müssten davon abhängig gemacht werden, dass die Firmen "harte Entscheidungen" in allen Geschäftsbereichen träfen und damit bewiesen, dass sie nicht nur überleben könnten, sondern auch "blühten".

Nach einer fast sechsstündigen Anhörung am Donnerstag vor dem Bankenausschuss des Senats traten die Vorstandsvorsitzenden Rick Wagoner, Robert Nardelli und Alan Mulally am Freitag vor dem Finanzkomitee des Abgeordnetenhauses auf. Im Senat hatte Nardelli am Donnerstag gesagt, er akzeptiere einen Zusammenschluss mit dem Konkurrenten GM, wenn so sein 80 Jahre altes Unternehmen gerettet werden könne. Wagoner sagte zu, einen solchen Schritt "sehr ernsthaft in Erwägung" zu ziehen.

Im Gespräch sind auch Modelle, nach denen sich die Unternehmen unter staatlicher Kontrolle umstrukturieren oder sich einem verkürzten vorab ausgearbeiteten Insolvenzverfahren stellen könnten. Befürworter argumentieren, ein solches Kurzverfahren könnte das Risiko verringern, dass Kunden abwandern.

Der größte US-Autobauer GM ersucht den US-Kongress insgesamt um neue Kredite von bis zu 18 Milliarden Dollar bis Ende 2009, vier Milliarden davon will die Opel-Mutter noch im Dezember haben. Ford braucht bis zu neun Milliarden, hofft aber, auf das Geld nicht unbedingt zugreifen zu müssen. Chrysler will die angefragten sieben Milliarden Dollar bis Jahresende.

Die Manager hofften, die Ausschüsse mit einschneidenden Sanierungsplänen zu überzeugen. Sie versprachen Kosteneinsparungen und die verstärkte Entwicklung kleinerer umweltfreundlicher Autos, sollten sie die Darlehen bekommen.

Bei einer Anhörung vor zwei Wochen hatte es scharfe Kritik gegeben. Die drei hatten trotz der dramatischen Lage ihrer Konzerne Firmenjets für den Weg von Detroit nach Washington benutzt.

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