Urteil:Ungültig

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Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat wieder viele Regeln präzisiert. 2016 gab es wichtige Entscheidungen zu Betriebskosten und Kündigungen. (Foto: Uli Deck/dpa)

Schlappe für private Krankenversicherer: Der Bundesgerichtshof kippt eine Klausel aus den Versicherungsbedingungen beim Krankentagegeld.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Kunden mit einer Krankentagegeldversicherung müssen es nicht klaglos hinnehmen, wenn der Versicherer einseitig die vereinbarten Leistungen herabsetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die entsprechende Klausel aus den Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherer (PKV) wegen Intransparenz für unwirksam erklärt (Az. IV ZR 44/15).

Das Krankentagegeld ist eine private Zusatzversicherung, mit der sich Kunden gegen krankheitsbedingte Verdienstausfälle absichern können. Das Angebot richtet sich vor allem an Selbständige oder gut verdienende Angestellte, die kein oder kein ausreichendes Krankengeld von einer gesetzlichen Kasse bekommen. Wer eine solche Versicherung abschließt, vereinbart mit dem PKV-Unternehmen eine feste Summe, die er im Krankheitsfall pro Tag erhält - in Summe darf das Tagegeld aber nicht höher sein als das Nettoeinkommen.

In dem vor dem BGH verhandelten Fall hatte ein selbständiger Ofensetzer- und Fliesenlegermeister eine Krankentagegeldversicherung mit einem Tagessatz von 100 Euro abgeschlossen. Der Versicherer hatte die Leistung auf 62 Euro reduziert und die Prämien entsprechend vermindert. Er begründete das mit dem verringerten Nettoeinkommen des Kunden und berief sich auf eine Klausel in den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung.

Sie hat der BGH jetzt gekippt. Nach dem Transparenzgebot müsse ein "durchschnittlicher Vertragspartner" erkennen können, welche wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen eine Regelung bringt. Zudem müssten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen dem Versicherten bei Vertragsabschluss vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände ihn gefährden. "Diesen Erfordernissen entspricht die Anpassungsklausel nicht", entschieden die Richter. Sie rügten unter anderem, dass Verbraucher ohne nähere Erläuterung nicht erkennen könnten, was genau mit dem Nettoeinkommen gemeint sei.

Der Bund der Versicherten (BdV) begrüßt die Entscheidung. "Erneut hält das oberste Gericht der Versicherungswirtschaft ihr intransparentes und kundenfeindliches Verhalten vor", sagt Vorstandssprecher Axel Kleinlein. Der BdV fordert die Branche auf, künftig komplett auf die "fiese Klausel" zu verzichten. Die "überraschende und verbraucherfeindliche Regelung" lasse sich gar nicht transparent darstellen. Die Versicherer sollten außerdem die Bestandskunden zügig über die Unwirksamkeit der Klausel informieren, findet Kleinlein.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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