Urheberrecht:Die Lücken des Gesetzes

Lesezeit: 2 min

Von Anti-Kopierschutz-Software und dem "privaten Gebrauch": Wie Käufer CDs, DVDs und Internet-Inhalte nutzen dürfen.

Die gegensätzlichen Positionen liegen im Urheberrechtsgesetz genau 42 Paragrafen voneinander entfernt.

Paragraf 95a stützt jene, die die Rechte von CD-Käufern oder Internet-Nutzern sehr eng auslegen; Paragraf 53 hingegen munitioniert alle, die das Urheberrecht liberal interpretieren.

Dieser Paragraf erlaubt es Nutzern geschützter Werke grundsätzlich, zum privaten Gebrauch "einzelne Vervielfältigungen" herzustellen, sofern er damit keinen Gewinn erzielen möchte und die Vorlage nicht "offensichtlich rechtswidrig hergestellt" worden ist.

"Unheimliche Streitereien"

Dagegen verbietet Paragraf 95a, "wirksame technische Maßnahmen" zu umgehen, die solche Kopien verhindern sollen.

Dieser Spagat im Gesetz hat schon viel Kritik ausgelöst. Der Text sei "diffus" formuliert, sagt zum Beispiel Hannah Seifert, Rechtsanwältin beim Verband der Internetwirtschaft Eco. Es werde noch "unheimliche Streitereien" um die Auslegung geben. Aber auch die Rechteinhaber, die auf die Verschärfung des Urheberrechts gedrängt hatten, sind unzufrieden. Sie erkennen Lücken und Widersprüche.

Das erste Problem ergibt sich aus dem Wort "wirksam". Wer eine laut Verpackung geschützte CD in seinen Computer schiebt, verstößt nicht gegen das Gesetz, wenn sein Rechner, etwa wegen des installierten Betriebssystems, den Kopierschutz ignoriert.

Erst wer sich Software besorgt und benutzt, um den Schutz zu knacken, verstoße gegen das Gesetz, sagt Thorsten Braun vom Bundesverband der phonographischen Wirtschaft. Daher fallen auch die meisten online angebotenen Musiktitel aus dem Schutz des Paragrafen 95a heraus: Sobald sie als Musik-CD gebrannt sind, ist kein wirksamer Kopierschutz mehr vorhanden.

Das zweite Problem ergibt sich aus dem Begriff "privater Gebrauch". Hier kursieren oft Zahlen: drei bis sieben Kopien seien erlaubt. Laut Braun ist aber entscheidend, dass der legale Käufer seine Kopie selbst nutzt.

Er dürfe sie anhören, anderen Personen "im engen persönlichen Umfeld" vorspielen, aber nicht verschenken. Dagegen, gibt Braun zu, ist es völlig legal, die Kopie einem engen Freund zu leihen, der sie dann kopiert. Der Empfänger muss dabei nicht einmal nachfragen, ob die Kopie legal erzeugt worden ist. Sie ist ja nicht "offensichtlich rechtswidrig".

Mit dieser Wendung gemeint sind vor allem Kopien, die in den so genannten Tauschbörsen im Internet zu finden sind. Weil dort der "verständige Durchschnittsnutzer" hätte wissen können, dass die angebotenen Dateien illegal erzeugt und bereitgestellt werden (außerhalb des privaten Umfelds), wird schadensersatzpflichtig, wer die Stücke herunterlädt. Wer sie selbst ins Netz stellt, macht sich sogar strafbar.

Auch verbietet das Gesetz, mit Werkzeugen zum Knacken eines Kopierschutzes zu handeln oder sie zu verbreiten. Darum sind einige Softwarefirmen dazu übergegangen, abgespeckte Programme offiziell zu verkaufen, und dann davor zu "warnen", Zusatzsoftware aus dem Internet zu installieren, mit der ihr Produkt illegale Kopien anfertigen könne. Gegen solche "Werbung im Gewand der Aufklärung", sagt Braun, gehe die Industrie vor.

Was allerdings auf jeden Fall erlaubt bleibt, sind analoge Kopien, weil sie stets mit einem Qualitätverlust verbunden sind. Wer also eine CD abspielt, den Ton im Rechner auffängt und erneut digitalisiert oder etwas Ähnliches mit einem Film auf DVD macht, verhält sich gesetzestreu. Christopher Schrader

© SZ vom 07.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: