Unfallversicherungen mit Rückgewähr:Geiz statt Geist

Lesezeit: 2 min

Kostenlos versichert gegen Unfälle. Wenn nichts passiert, wird die Prämie erstattet: Das ist die Botschaft einer aktuellen Verkaufskampagne zum Beispiel der Allianz. Dabei handelt es sich jedoch um raffinierte Reklame, denn wie immer gilt: Umsonst gibt es nichts.

Andreas Kunze

(SZ vom 28.05.2003) — Für die Geiz-ist-geil-Generation kommt das gerade recht: eine Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr (UPR genannt). Wer keine Versicherungsleistungen in Anspruch nimmt, erhält sein Geld zurück. Doch Kunden sollten sich davon nicht blenden lassen.

Statt auf Geiz sollten sie lieber auf Geist setzen und nachrechnen. Dann stellt sich schnell heraus, dass natürlich keine Versicherung etwas verschenkt.

Der erste Haken: Die Versicherungssteuer bei diesen Policen (3,2 Prozent) und die Ratenzahlungszuschläge (meist 5 Prozent) fallen nicht unter die Rückzahlung. Entscheidend ist aber, dass die Prämie für eine UPR etwa fünfmal so hoch ist wie eine klassische Police beim gleichen Anbieter.

Ein kleiner Teil davon wird für die eigentliche Unfallversicherung verwendet, der Rest fließt als Sparanlage in eine Lebensversicherung. Der Prämienanteil für den Unfallschutz ist - wie bei jeder herkömmlichen Unfallversicherung - weg.

Erhält der Kunde über die Auszahlung tatsächlich die Summe seiner gezahlten Prämien zurück, hat er trotzdem ein schlechtes Geschäft gemacht. Grund: die Inflation. Denn das Geld der Zukunft ist viel weniger wert als das Geld, das heute gezahlt wird. Bei zwei Prozent Inflation haben 10000 Euro in 20 Jahren zum Beispiel nur noch eine Kaufkraft von 6700 Euro - ein Drittel des Vermögens ist also verloren.

Preisvergleich unmöglich

Damit es den Unfallschutz tatsächlich als Extra umsonst geben würde, müsste die spätere Rückerstattung nicht nur die kompletten Prämien umfassen, sondern auch noch mindestens die Inflation ausgleichen. Selbst in guten Kapitalmarktzeiten erreichten UPRs hingegen lediglich Renditen von drei bis vier Prozent.

Wolfgang Scholl, Versicherungsreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbV), rät deshalb von den Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr ab: "Versichern und Geldanlage sollte immer voneinander getrennt werden. Bei diesen Policen blickt keiner so richtig durch, was er wofür zahlt."

Das soll vielleicht auch so sein: Denn gerade bei Unfallversicherungen sind die Preisunterschiede dramatisch hoch. Zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter liegen bis zu 400 Prozent Differenz, haben Untersuchungen der Stiftung Warentest gezeigt. Mit der Verpackung UPR werden solche Preisvergleiche aber nahezu unmöglich gemacht.

Versicherungsexperte Scholl empfiehlt zu prüfen, ob eine Unfallversicherung überhaupt notwendig ist: "Invalidität durch Unfall ist eher selten. Viel öfter sind Krankheiten daran schuld. Das wird aber nur über eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgedeckt."

Ein wesentlicher Nachteil der Invaliditätsvorsorge über herkömmliche Unfallpolicen besteht zudem darin, dass die Leistung pauschal über eine Gliedertaxe ermittelt wird.

Beim Verlust eines Zeigefingers sind zum Beispiel zehn Prozent der Versicherungssumme fällig - für einen Büromenschen würde der eingebüßte Zeigefinger kaum finanzielle Nachteile bedeuten, für einen Berufsmusiker könnten das existenzbedrohend sein. Für beide wäre die Leistung der Unfallversicherung jedoch gleich.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: