Umweltverschmutzung:Erbitterter Poker

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Der Emissionshandel in Europa ist beschlossene Sache: Vom kommenden Jahr an müssen Industrie- und Energieanlagen für jede Tonne Kohlendioxid, die sie in die Atmosphäre pusten, ein entsprechendes Verschmutzungsrecht vorweisen.

Um die Zuteilung der zunächst kostenlosen CO2-Zertifikate wird zwischen Umweltminister Jürgen Trittin (SPD), Wirtschaftsminister Wolfang Clement (SPD) und der Wirtschaft jedoch hart gerungen. Zentrale Punkte sind umstritten:

GRUNDLAGE für die Zuteilung der CO2-Zertifikate sollen nach Trittins Plänen die Emissionen der mehr als 2600 betroffenen Anlagen zwischen 2000 und 2002 sein. In einem Gegenentwurf fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dagegen, den Bemessungszeitraum flexibel zu wählen, um Jahre mit ungewöhnlich geringem CO2-Ausstoß auszuklammern.

Schwache Jahre

2000 bis 2002 etwa seien äußerst schwache Jahre für die stromintensive Bauindustrie gewesen, argumentiert der BDI. Darum sei in dieser Zeit auch weniger Kohlendioxid ausgestoßen worden.

Die GESAMTMENGE der Zertifikate will Trittin bis 2010 schrittweise VERMINDERN, um die deutsche Klimaschutzverpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll zu erreichen. Dabei beruft sich Trittin auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaftsverbände, die vor drei Jahren zusagten, bis 2010 45 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 1998 einzusparen - damals hatten Industrie und Energiewirtschaft 508 Millionen Tonnen ausgestoßen.

Jährliche Minderungsvorschriften lehnt die Industrie aber ab - die Selbstverpflichtung hat in ihren Augen mit dem Emissionshandel nichts zu tun.

Die Energiewirtschaft fordert darüber hinaus einen Ausgleich für den von Rot-Grün vorgegebenen ATOMAUSSTIEG, weil der Umstieg auf fossile Brennstoffe höhere Emissionen verursacht. Zudem müssten Investitionen in effizientere Kraftwerke aus den Vorjahren mit zusätzlichen Gratis-Zertifikaten belohnt werden - in stärkerem Maß, als Trittin das ohnehin plant.

Brennstoffabhängige Zuteilung

Beim Bau von NEUANLAGEN will Trittin den Betreibern die Wahl des Brennstoffs überlassen - aber nur Zertifikate für hoch effiziente Gas- und Dampfkraftwerke zuteilen. Die Energiewirtschaft sieht die CO2-intensiveren Kohlekraftwerke dadurch benachteiligt und pocht auf eine brennstoffabhängige Zuteilung.

Beim Ersatz alter Kraftwerke durch effizientere Neubauten will Trittin dem Unternehmen die dann nicht mehr benötigten Zertifikate als Innovationsanreiz überlassen, damit sie im EU-weiten Handel zu Geld gemacht werden können. Der BDI fordert dagegen, den Überschuss zur Stärkung der deutschen Wirtschaft im Land zu belassen und proportional an alle Unternehmen auszuschütten.

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