Umtausch:Billy darf nicht alt aussehen

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Ikea nimmt benutzte Waren künftig nicht mehr zurück. Das ist völlig legal, denn in Ladengeschäften haben Kunden kein Anrecht darauf, ihre Einkäufe noch einmal umzutauschen.

Von Felicitas Wilke, München

Beim Beistelltisch Lack darf eben dieser noch nicht ab sein und im Teelicht Glimma sollte der Docht noch senkrecht stehen. Ikea-Kunden bekommen ihr Geld für zurückgebrachte Ware ab September nur noch dann zurück, wenn die Produkte neu und unbenutzt sind. Bislang hatten Kunden der schwedischen Möbelhauskette ein einjähriges Rückgaberecht, das unabhängig vom Zustand der Ware galt.

Auch wenn viele Läden ihren Kunden eine Geld-zurück-Garantie gewähren, ein Anrecht auf Umtausch gibt es im stationären Handel nicht. Nimmt eine Boutique oder ein Möbelhaus die Ware zurück, dann geschieht das immer nur aus Kulanz - und die Händler geben die Spielregeln vor. Ob die Frist bei 14 Tagen, vier Wochen oder einem Jahr liegt, ob die Ware verpackt sein muss oder gebraucht sein darf, ob man das Geld zurück oder einen Gutschein als Gegenwert erhält, all das bestimmt jeder für sich. "Die Kunden sollten sich vor dem Kauf informieren, welche Regeln beim jeweiligen Händler gelten", sagt deshalb Tatjana Halm, die das Referat Markt und Recht bei der Verbraucherzentrale Bayern leitet. Nur wenn die Ware beschädigt ist, steht der Händler in der Pflicht: In diesem Fall muss er den Kunden entscheiden lassen, ob der Mangel durch Umtausch oder Reparatur beseitigt werden soll.

Dennoch hält sich das Gerücht, dass Kunden ihren Einkauf grundsätzlich 14 Tage lang rückgängig machen könnten - auch dann, wenn die Ware funktioniert und lediglich die Farbe oder Form nicht mehr gefällt. Tatsächlich besteht diese Frist nur, für Bestellungen aus dem Internet, über das Telefon oder dem Katalog. "Im Fernabsatz gilt ein zweiwöchiges Widerrufsrecht, damit die Verbraucher die Chance bekommen, die Ware zu überprüfen", erklärt Halm. Was darüber hinausgeht, etwa das hunderttägige Rückgaberecht bei Online-Versandhändlern wie Zalando, ist wiederum Kulanz.

Gerade weil sie online bestellte Waren zurückgeben dürfen, erwarten viele Kunden inzwischen, dass das auch offline funktioniert. Der stationäre Einzelhandel reagierte darauf, zeigte sich immer großzügiger - und wandert jetzt auf einem schmalen Grat: Gibt der Händler dem Kunden die Chance, das gekaufte Produkt notfalls wieder zurückzugeben, steigt tendenziell der Absatz. "Andererseits kann zu viel Entgegenkommen auch Tür und Tor für Missbrauch öffnen", sagt Marco Atzberger vom EHI Retail Institute im Köln. Beim teuren Abendkleid etwa, das nach der Gala oder Hochzeit wieder zurückgegeben wird.

Auch bei Ikea hatten einige Kunden die großzügige Regelung offenbar ausgenutzt und kurz vor der 365-Tage-Frist ihre gebrauchten Möbel vorbeigebracht. Dennis Balslev, der Chef von Ikea Deutschland, will die striktere Praxis aber auch als Statement für Nachhaltigkeit verstanden wissen. Man wolle sicherstellen, "dass Kunden Möbel und Einrichtungsgegenstände nicht nach kurzem Gebrauch entsorgen", heißt es. Es gehe darum, sich darüber klar zu werden, welchen Wert ein Produkt hat und welche Ressourcen eingesetzt werden mussten, um es herzustellen.

Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass der Online-Versandhändler Amazon zurückgeschickte, teils neuwertige Ware im großen Stil vernichtet. Politiker und Umweltschutzorganisationen hatten dieses Vorgehen kritisiert, während Amazon behauptete, man versuche bereits, zurückgegebene Artikel besser zu nutzen - also etwa wieder zu verkaufen oder zu spenden. Online-Händler stellen sich mittlerweile halbwegs auf viele Retouren ein. "Stationäre Händler sind noch weniger darauf ausgerichtet, Ware zurückzunehmen", sagt Atzberger. Geben die Menschen weiterhin viele Produkte nach kurzer Zeit zurück, brauchen sie eine Strategie. Auf die Frage, was Ikea derzeit mit zurückgegebenen Artikeln macht, antwortete das Unternehmen am Donnerstag nicht. Allerdings dürften sich Lack, Billy oder Glimma leichter wieder verkaufen lassen, wenn sie künftig ohne Gebrauchsspuren zurückgebracht werden müssen.

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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