Umstrittenes Gesetz:Technische Fehler verhindern vorerst Kontenabfrage

Lesezeit: 2 min

Egal wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet: Vorerst wird es schon allein wegen technischer Probleme keine Abfragen per Knopfdruck geben.

Von Daniela Kuhr

Unabhängig von der bevorstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird es vom 1. April an nicht zu den umstrittenen elektronischen Kontenabfragen kommen.

Das Bundesfinanzministerium räumte am Dienstag auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung ein, dass es technische Probleme gebe, die das elektronische Übermitteln der Kontendaten vorerst unmöglich machten.

Abfragen würden deshalb zunächst nicht wie geplant per Knopfdruck, sondern stattdessen per Hand und mithilfe eines Formulars erfolgen müssen.

"Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Zahl der tatsächlichen Kontenabrufe, die in dieser Übergangszeit relativ gering sein wird", hieß es aus dem Ministerium. Frühestens 2006 rechne man mit einer Lösung.

Überwachungsstaat befürchtet

Vom 1. April an sollen Finanzämter und andere Behörden über das Bundesamt für Finanzen (BfF) auf die Kontendaten jedes Bankkunden in Deutschland Zugriff nehmen können - ohne dass es dafür den Verdacht einer Straftat bräuchte.

Dabei erfahren die Ämter den Namen, Geburtsdatum oder die Anschrift eines Kunden, nicht aber den Kontostand. Erst wenn sich ein Verdacht ergibt, können die Behörden bei der Bank gezielt nach dem Guthaben fragen.

Datenschützer und Juristen befürchten einen Überwachungsstaat und eine Flut von Abfragen. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich an diesem Donnerstag über einen Eilantrag entscheiden, mit dem eine Volksbank und ein Notar das Inkrafttreten der neuen Regeln verhindern wollen.

Doch möglicherweise werden jetzt allein schon die technischen Probleme bei den Kontenabfragen dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht das Bedürfnis für eine Eilentscheidung verneint.

Bereits Zugriff zur Terrorbekämpfung

Ursprünglich war geplant, dass die Finanzämter sofort vom 1. April an vollelektronisch über das BfF, eine dem Finanzministerium unterstellte Bundesbehörde, Zugriff auf die Daten erhalten.

Doch dafür hätten sich das Bundesamt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Zentrale Kreditausschuss, die Dachorganisation der deutschen Kreditwirtschaft, rechtzeitig auf eine gemeinsame Schnittstellen-Spezifikation einigen müssen.

Denn die Bafin kann bereits seit zwei Jahren auf die Datensätze bei den Banken zugreifen. Diese "Kontenevidenzzentrale" wurde im Zuge der Anschläge des 11. September 2001 eingerichtet, um organisierte Geldwäsche und die Finanzsysteme von Terror-Organisationen zu bekämpfen.

Unterschrift erforderlich

Da sich die Beteiligten jedoch nicht einigen konnten, musste sich das Finanzministerium etwas anderes einfallen lassen, um den Starttermin 1. April einhalten zu können.

In Abstimmung mit den Ländern hat es in den vergangenen Tagen Vordrucke für Formulare entworfen, über die die Behörden ihre Anfragen an das Bundesamt für Finanzen richten können.

Diese Formulare sehen unter anderem vor, dass nicht mehr der jeweilige Sachbearbeiter allein über eine Abfrage entscheiden darf, sondern dass er die Unterschrift seines Vorgesetzten braucht. Zudem muss er darlegen, warum der Kontenabruf erforderlich ist.

© SZ vom 23.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: