Überwachungsskandal bei Discounter:Auch Kunden Opfer der Lidl-Stasi

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Offenbar wurden beim Discounter Lidl nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kunden überwacht. SPD und Grüne fordern jetzt schärfere Datenschutzgesetze.

Der Lebensmitteldiscounter Lidl soll nach Angaben von Datenschützern nicht nur Mitarbeiter überwacht haben. Auch Kunden seien möglicherweise betroffen, sagte die stellvertretende Leiterin des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD), Marit Hansen, am Donnerstag in Kiel. "Wie auf den veröffentlichten Kamerabildern zu sehen ist, wurden im Kassenbereich zum Beispiel auch die Eingabegeräte erfasst, in die die Kunden bei Kartenzahlung ihre Geheimzahlen eingeben."

Kontrolle an der Kasse: Auch Kunden könnten Opfer der Überwachung bei Lidl gewesen sein. (Foto: Foto: AP)

Politiker von SPD und Grünen fordern inzwischen schärfere gesetzliche Regeln für den Datenschutz von Arbeitnehmern. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar setzt sich für eine Ausweitung der Schutzbestimmungen ein. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), sprach sich dafür aus, auch Privatfirmen bei Verstößen gegen die Datenschutzbestimmungen zur Zahlung von Schmerzensgeld an die Betroffenen zu verpflichten. Das gilt bisher nur für öffentliche Stellen.

Die Gewerkschaft Verdi fordert derweil die Schaffung von Betriebsräten bei Lidl. Alle Mitarbeiter, die von der Bespitzelung betroffen seien, sollten außerdem Rechtsmittel einlegen. "Ich kann den betroffenen Lidl-Mitarbeitern nur raten, sich untereinander zu verabreden und gemeinsam zu Verdi zu kommen. Möglicherweise könnte man dann Musterklagen gegen Lidl anstrengen", sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Margret Mönig-Raane. Der Lebensmitteldiscounter Lidl soll laut einem Bericht des Magazins Stern seine Beschäftigten systematisch ausspioniert haben.

Als Konsequenz aus den Bespitzelungsvorwürfen hatte der Lebensmitteldiscounter Lidl die Zusammenarbeit mit Detekteien zur Überwachung von Beschäftigten mit sofortiger Wirkung beendet.

Das baden-württembergische Innenministerium hatte eine Überprüfung der Vorfälle bei dem Discounter angekündigt. Nach einem Bericht des Magazins Stern soll Lidl die Mitarbeiter in zahlreichen Filialen überwacht haben. Wie das Blatt unter Berufung auf interne Protokolle des Unternehmens berichtete, soll die Firma Detektive eingesetzt haben, die Kameras installierten.

"Nicht im Auftrag der Geschäftsleitung"

Der Lebensmitteldiscounter räumte ein, dass in einzelnen Filialen Mitarbeiter möglicherweise mit Überwachungskameras bespitzelt wurden. "Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass es dazu Aufträge gegeben hat", sagte Jürgen Kisseberth von der Lidl-Geschäftsführung am Mittwoch in Neckarsulm. "Das war aber nicht der Auftrag der Geschäftsleitung."

Und: "Die Aufgabe der Detekteien war es, in den Filialen zusätzliche Erkenntnisse zur Aufklärung von Diebstählen zu gewinnen", erklärte Kisseberth. Die in diesem Zusammenhang über diesen Aufgabenbereich hinaus festgehaltenen weiteren Informationen seien zu keiner Zeit in irgendeiner Weise weiterverwertet worden. Bereits vor längerem sei die Zusammenarbeit mit einer Detektei aufgekündigt worden, die über Tätowierungen einer Mitarbeiterin berichtet hatte.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/jkr/jkf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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