Überraschungs-Comeback:Kirch mischt wieder mit

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Fünf Jahre nach seiner spektakulären Insolvenz steigt der frühere Medienmogul Leo Kirch wieder in das Spiel um die heißbegehrte TV-Rechten der Bundesliga ein. So manchen Klub-Manager beschlich bei der Entscheidung allerdings ein "schales Gefühl".

Nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung der 36 Profiklubs am Dienstag in Frankfurt/Main gab die Spitze der Deutschen Fußball Liga (DFL) bekannt, dass eine Tochterfirma (Sirius) von Kirchs Agentur KF 15 als Inlandsvermarkter der Rechte ab der Saison 2009/10 auftreten wird.

Damit bestätigten sich weitgehend die Spekulationen der vergangenen Tage. Zudem gab die DFL bekannt, dass die Relegationsspiele wieder eingeführt werden. Ab der kommenden Saison bestreiten der Drittletzte der ersten Liga und der Dritte der zweiten Liga zwei Entscheidungsspiele um einen Platz in der höheren Spielklasse.

Abstimmung mit dem DFB

Dieselbe Regelung gilt für die zweite und die eingleisige dritte Liga, die in der kommenden Saison gegründet wird. Die Entscheidung fiel in Abstimmung mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Zuletzt hatten 1991 Relegationsspiele zwischen der 1. und 2. Bundesliga stattgefunden.

Durch den erneuten Einstieg Kirchs können die Klubs derweil mit einem deutlichen Anstieg der Einnahmen rechnen. Für die drei Spielzeiten von 2006 bis 2009 kassieren die Vereine pro Saison 440 Millionen Euro aus der TV-Vermarktung.

Von 2009 bis 2015 fließen nun 500 Millionen Euro je Spielzeit - also insgesamt drei Milliarden Euro binnen sechs Jahren - in die Kassen der Klubs.

Hunderprozentige Bankbürgschaft

Damit die Liga nicht wie vor fünf Jahren der Gefahr von finanziellen Schwierigkeiten bei einer möglichen Insolvenz ihres Partners ausgesetzt ist, sind die drei Milliarden Euro durch eine hundertprozentige Bankbürgschaft gedeckt.

Um den geplanten Zugewinn zu erzielen, wird die DFL zusammen mit Sirius ein Unternehmen gründen, welches nicht mehr nur die Rechte vertreibt, sondern den interessierten Pay-TV-Sendern nun ein fertig produziertes Bundesliga-Produkt anbietet. Dabei wird Sirius 51 Prozent, die DFL 49 Prozent der Unternehmens-Anteile halten.

Weitergehende Partizipationsrechte

Sollte alles in allem ein größerer Erlös als drei Milliarden Euro erzielt werden, werden die Klubs in Höhe eines von der DFL nicht näher definierten Anteils daran partizipieren.

Zusätzlich plant die DFL für den Zeitraum zwischen 2009 und 2015 mit insgesamt 460 Millionen Euro aus der Auslandsvermarktung und weiteren Erlösen wie beispielsweise Marketingrechten.

Lesen Sie auf der zweite Seite, wie sich die Ausgangslage für die "Sportschau" verändert hat

"Das ist ein wichtiger Schritt für den deutschen Profifußball. Der Beschluss fiel mit Dreiviertel-Mehrheit bei nur einer Gegenstimme. Der Hamburger SV war dagegen", kommentierte Ligaverbands-Präsident Rainhard Rauball das Konstrukt, das laut DFL bereits die Zustimmung der Kartellbehörden gefunden hat.

HSV-Präsident Bernd Hoffmann kritisierte gegenüber der Bild-Zeitung den Beschluss: "Zum einen wurde die Entscheidung unter unnötigem Zeitdruck erzwungen. Darüber hinaus haben mich die vorgestellten Bedingungen des Gesamt-Deals nicht überzeugt."

"Schales Gefühl"

Auch Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hat bei der Entscheidung pro Kirch ein "schales Gefühl". Die Bundesliga habe durch Kirch damals viele Millionen verloren, sagte er der .

Der Beschluss der Mitgliederversammlung lässt allerdings offen, auf welchem Sender zukünftig die Bundesliga zu sehen sein wird. Erst im Frühjahr 2008 werden die verschiedenden Sende-Modelle für die ersten drei Jahre von 2009 bis Damit ist offen, ob der Pay-TV-Sender "Premiere" weiter die Bundesliga live übertragen und ob die Sportschau in ihrer jetzigen Form die Zusammenfassung der Spiele im frei empfangbaren TV zeigen wird.

Während die DFL bisher auf eine zeitnahe Berichterstattung im Free-TV setzte, entscheidet ab 2009 ausschließlich der gebotene Preis.

Zukunft der "Sportschaus" unsicher

"Ich kann die Bedenken nicht zerstreuen, dass es die Sportschau weiter um die bisherige Uhrzeit geben wird. "Premiere" hat die Möglichkeit, sein präferiertes Modell mit einem Gebot zu versehen", erklärte der Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung, Christian Seifert. Im Klartext bedeutet dies: Wenn Premiere den besten Preis zahlt, wird die Sportschau aus dem Vorabendprogramm verschwinden.

"Premiere" müsste gegebenenfalls allerdings die Kröte schlucken, dass der Sender das fertig produzierte Produkt von DFL und "Sirius" übernehmen müsste. Die Kritik, dass damit die journalistische Unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet sei, wies die DFL-Spitze zurück.

© Alexander Sarter/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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