(SZ vom 29.11.03) - Sibneft hat laut Interfax erklärt, die Anteilsinhaber beider Unternehmen hätten die Fusion gestoppt: "Die Vervollständigung der Fusion zwischen Yukos und Sibneft ist infolge einer Einigung der Kern-Aktionäre beider Firmen ausgesetzt worden." Die Nachricht schickte die Yukos-Aktie deutlich auf Talfahrt.
Unklarheiten
Auch die Sibneft-Titel gaben nach. Unklar blieb, ob es sich wirklich um eine beiderseitige Entscheidung handelt. Yukos-Vorstandschef Simon Kukes dementierte, dass Yukos die Entscheidung mittrage. Die Sibneft-Aktionäre hätten ihn vorab nicht über die Fusions-Aussetzung informiert: "Die Nachricht hat mich überrascht." Yukos arbeite weiter an der vertragsgemäßen Umsetzung der ohnehin schon fast vollständig abgeschlossenen Fusion, betonte er.
Der Zusammenschluss zwischen dem größeren Konzern Yukos und dem Junior-Partner Sibneft war im Frühjahr beschlossen worden und würde Yukos-Sibneft zum international viertgrößten Ölförderer machen. Die russische Monopolbehörde hatte keine Einwände erhoben. 92 Prozent der Sibneft-Aktien gehören laut Interfax bereits den Yukos-Anteilseignern. Im Gegenzug seien Yukos-Anteile und drei Milliarden Dollar an die Sibneft-Aktionäre ausgezahlt worden.
Sibneft gehört mehrheitlich dem Oligarchen Roman Abramowitsch, der unter anderem auch Besitzer des britischen Fußballvereins Chelsea ist. Yukos-Mehrheitsaktionär Chodorkowskij sitzt in Haft. Gegen ihn wird wegen Steuerhinterziehung und Betrugs ermittelt. Er war beim Beschluss der Fusion noch Yukos-Vorstandsvorsitzender.
Politisch motiviert
Das Vorgehen der Justiz gegen Chodorkowskij wird von Beobachtern zumindest in Teilen als politisch motiviert betrachtet. Der Kreml habe sich an der Opposition Chodorkowkijs gestört und gefürchtet, dass sich Wirtschaftsmacht des viertgrößten Ölkonzerns der Erde in der Hand eines Kreml-Kritikers befinde.
Zudem hatte Chodorkowskij mit US-Ölfirmen über einen Einstieg bei Yukos-Sibneft verhandelt. Auch dies hatte die Befürchtungen des Kremls verstärkt.
Der frühere Wirtschaftsminister Jewgennij Jassin sagte dem Radiosender Echo Moskaus, es gebe drei Erklärungsmöglichkeiten für das Absagen der Fusion: Entweder habe der Kreml Druck auf beide Öl-Unternehmen gleichzeitig ausgeübt und Sibneft für den Fall der politisch unliebsamen Vereinigung Konsequenzen angedroht.
Die zweite Variante sei, dass Sibneft sich von dem seit der Inhaftierung Chodorkowskijs angeschlagenen Yukos-Konzern selbst absetzen wolle.
Der dritte Grund könnte sein, dass Sibneft-Hauptaktionär Abramowitsch geplant habe, die Fusion auszusetzen, um die Aktie zu schwächen und Yukos selbst zu übernehmen.
Spekulationen über Abramowitsch
Moskauer Broker argumentieren, Abramowitsch wolle die derzeitige Schwäche von Yukos anders nutzen: Er wolle bessere Bedingungen für die Fusion aushandeln. Andere Experten spekulieren, Abramowitsch wolle Sibneft angesichts der veränderten Lage bei Yukos lieber an einen westlichen Konzern verkaufen.
Sollte die Transaktion platzen, müsste die den Vertrag brechende Seite laut Interfax eine Milliarde Dollar zahlen.