Überraschend gute Arbeitsmarktzahlen:Kein Grund zum Jubeln

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Der Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl im November um 53.000 stellt zwar einen Zehn-Jahres-Rekord dar. Doch der Rückgang wurde erheblich begünstigt durch das milde Wetter zu Beginn des Monats.

Die überraschend guten Zahlen vom Arbeitsmarkt sind noch kein Grund zum Jubeln. Doch die aktuellen Daten und die Prognosen für 2006 geben nach Ansicht von Analysten Anlass zur Hoffnung, dass die Arbeitsmarktreformen langsam zu wirken beginnen - vorausgesetzt die Wirtschaft wächst im kommenden Jahr um die von der Bundesregierung avisierten 1,2 Prozent.

Im Arbeitsamt Düsseldorf. (Foto: Foto: dpa)

Immerhin erwartet die Bundesagentur für Arbeit (BA), dass die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt von aktuell 4,87 Millionen auf 4,70 Millionen im Jahr 2006 sinken dürfte.

Der neue Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte zwar am Donnerstag im Bundestag augenzwickernd: "Wir arbeiten schnell" - aber ganz so schnell dürfte der Arbeitsmarkt nicht in Schwung kommen.

Einstellungen nur langsam in Statistik

Die erhöhte Bereitschaft vieler Unternehmen, wieder neue Arbeitskräfte einzustellen, wird sich nur langsam in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) niederschlagen, wie von Wirtschaftsforschern hervorgehoben wird.

Der Rückgang der Arbeitslosenzahl um 25.000 auf 4.531.000 im November wurde erheblich begünstigt durch das milde und trockene Wetter und den auf Mitte des Monats vorgezogenen Stichtag.

"Erheblich überzeichnet"

Schnee und Kälte, vor allem der katastrophale Wintereinbruch im Nordwesten Deutschlands vor einer Woche sind (noch) nicht in der Statistik abgebildet. Der Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl um 53.000 stellt zwar einen Zehn-Jahres-Rekord dar. "Diese Zahl ist aber erheblich überzeichnet", räumte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt, ein.

Nur etwa die Hälfte dieser Zahl ist ein Beleg für die anziehende Konjunktur. Die andere Hälfte sei dem ausgesprochen guten Wetter zu verdanken und müsste eigentlich "nachbereinigt" werden, meinte Alt.

Winter zeigt Wirkung

Mittlerweile zeigt die kalte Jahreszeit erste Wirkung. Der Winter wird noch kräftiger Einzug halten und die Beschäftigung in den Außenberufen erstarren lassen.

Auch Alt will trotz der positiven Tendenzen der vergangenen sechs Monate nicht ausschließen, dass die Arbeitslosenzahl im Januar und Februar noch einmal die Fünf-Millionen-Marke übersteigen wird.

Beste Entwicklung im November seit 1994: Vergleich zum Vormonat. (Foto: Grafik: SZ)

Dennoch geben sich die Arbeitsmarktexperten der frisch gebackenen großen Koalition zuversichtlich und optimistisch.

Der neue Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) wertete die günstigsten November-Daten seit der Wiedervereinigung als Bestätigung des arbeitsmarktpolitischen Kurses der Bundesregierung. "Die weiterhin zu hohe Zahl der Arbeitslosen ist Auftrag, diesen Kurs konsequent, mutig und zuversichtlich weiter zu verfolgen", sagte Müntefering.

"Deutliches Zeichen"

Auch der CDU-Wirtschaftsexperte Matthias Wissmann sprach von einem deutlichen Zeichen der Zuversicht für den Arbeitsmarkt und für die positive Entwicklung der Wirtschaft. Jetzt müsse die neue Regierung die vereinbarten Reformen gemeinsam umsetzen.

"Wir wollen, dass wieder mehr Menschen Arbeit bekommen", sagte Glos am Donnerstag im Bundestag in der Aussprache zur Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Angesichts der unerwartet guten Zahlen, die ihm unmittelbar vor Redebeginn zugingen, war er auch zum Scherzen aufgelegt: Er erinnerte daran, dass Gerhard Schröder (SPD) 1998 noch vor seiner Wahl zum Kanzler den damals einsetzenden Aufschwung als "seinen Aufschwung" reklamiert habe. "Jetzt ist es klar, dass es eine breite Regierungsmehrheit gibt, seitdem gibt's auch einen Aufschwung im Land", meinte Glos.

Opposition warnt

Die Oppositionsparteien im Bundestag warnten dagegen vor zu frühem Jubel über die Arbeitsmarktentwicklung. "Jetzt von einer Beruhigung oder Trendwende zu sprechen, ist mehr als wagemutig", sagte FDP- Generalsekretär Dirk Niebel.

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