Übernahmepläne für den Arbeiterclub:Unternehmen Fußball

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"You'll never walk alone": Die Fans des FC Liverpool wehren sich gegen den Kauf ihres Clubs durch einen amerikanischen Investor.

Andreas Oldag

Dem reichen Paten aus Amerika schlägt blanker Haß entgegen. "Gillett, hau ab! Wir wollen Dich hier nicht", schreiben erboste Fans des FC Liverpool in Internet-Tagebüchern. George Gillett, der reiche amerikanische Schnösel, möge doch zum ungeliebten Konkurrenten Aston Villa in Birmingham gehen, empfahl ein Freund der "Roten", wie sich die Liverpooler Kicker wegen ihres Trikots nennen.

2006 jubelten die Spieler vom FC Liverpool über den Gewinn des englischen FA-Pokals gegen Westham United London. (Foto: Foto: dpa)

Doch der schwerreiche Investor aus den USA wird sich durch die hitzigen Debatten, die in diesen Tagen an Liverpooler Biertresen geführt werden, nicht von seinem ehrgeizigen Ziel abhalten lassen: die Übernahme des 1892 gegründeten FC Liverpool. In den nächsten Tagen soll zwischen Gillett und dem Vereinsmanagement eine Einigung erzielt werden, die Rede ist von einem Kaufpreis mindestens in dreistelliger Millionenhöhe.

Der Investor in Cowboyboots

Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt habe, kenne er keine Hindernisse, hat der 68-jährige Gillett einmal gesagt. Gern präsentiert er sich als Naturbursche in Cowboystiefeln. Mitunter führt er seine Geschäfte von einer Ranch in den Rocky Mountains aus - nicht gerade die Gegend, in der man mit den Feinheiten des englischen Profifußballs vertraut ist.

Doch zumindest im Sportgeschäft ist Gillett bekannt: Er ist Mehrheitsgesellschafter des kanadischen Eishockeyclubs Montreal Canadiens und war Miteigentümer des US-Basketballklubs Harlem Globetrotters.

"Gillett braucht den Kick. Das hat ihn jetzt nach Großbritannien gezogen", sagt ein Branchenkenner in Gilletts Wohnort Vail, US-Bundesstaat Colorado. Es ist offenbar die Gunst der Stunde, die Gillett in Liverpool nutzen will.

Auf der Suche nach Investoren

Monatelang hatte der bisherige Mehrheitsaktionär David Moores mit einer Investmentfirma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verhandelt. Der Scheich suchte ein Geschenk für seinen Bruder. Doch hinter den verschlossenen Türen des Londoner Nobelhotels Dorchester wurde man sich nicht einig.

Auch die beauftragte Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers, die im Liverpooler Stadtzentrum residiert und ein Übernahmekonzept ausgearbeitet hatte, wusste nicht weiter. Der geforderte Preis schien den verschwiegenen Unterhändlern aus dem Nahen Osten zu hoch. Zwei Jahr zuvor war schon ein Verkauf an den Milliardär und ehemaligen thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra gescheitert.

Und jetzt ein Amerikaner als Retter des Fußballs in Liverpool? In der Traumwelt der Kicker regiert das große Geld. Der FC Liverpool ist in dieser Hinsicht ein Nachkömmling. Während Konkurrenten in der Premier League wie der FC Chelsea oder Manchester United längst von russischen Oligarchen oder Selfmade-Milliardären kontrolliert und zu effizienten Sport- und Event-Konzernen umgebaut werden, haben in Liverpool bodenständige Klubmanager wie Moores das Sagen.

Doch der 61-Jährige, der den Großteil seiner FC-Anteile von seinem Onkel übernommen hat und sich selbst als größten Fan des FC Liverpool bezeichnet, fehlen die Mittel für Investitionen.

Stadion-Neubau als Einstiegsgeschenk

Die will nun Gillett bieten. Er fasse ein langfristiges Investment ins Auge, ließ der reiche Pate aus Amerika verlauten. Immerhin geht es um den Neubau eines Stadions mit einer Kapazität von 60.000 Zuschauern im Stanley Park, ausgestattet mit den obligatorischen VIP-Lounges und Champagner-Bars für die Besucherprominenz. Die legendäre Heimspielstätte an der Anfield Road ist zu klein geworden.

"No problem", heißt es dazu in Vail. Auch die Übernahme von Vereinsschulden in Höhe von 80 Millionen Pfund werde man gleich mit einkalkulieren, heißt es in Kreisen des amerikanischen Investors. Moores selbst soll mit dem Posten eines Präsidenten auf Lebenszeit belohnt werden.

Licht und Schatten in der Karriere von Gillett

Nur: Für Gillett wird der Einstieg beim FC Liverpool kein Freundschaftsspiel. Er hat einen schlechten Ruf als Investor. In den 80er Jahren startete er seine Karriere als Unternehmer, indem er drei kleine Fernsehstationen kaufte. Später erwarb er Anteile an Ski-Resorts in Vail und Beaver Creek. Dabei hatte sich der Selfmade-Unternehmer offenbar übernommen.

Sein Firmenimperium, das er zum Teil durch Junk Bonds genannte hochspekulative Schrottanleihen finanziert hatte, musste 1992 Gläubigerschutz anmelden. Gillett gelang es, einige Millionen zu retten, die er bald wieder in Skigebieten in New Hampshire, Kalifornien und Wyoming investierte, diesmal mit mehr Erfolg. 1999 krönte ihn das amerikanische "Ski Magazine" zu einem der erfolgreichsten Ski-Persönlichkeiten. Sein Vermögen, das er zusammen mit drei seiner erwachsenen Söhne verwaltet, wird auf 860 Millionen Dollar geschätzt.

,,You'll never walk alone'' (Du wirst niemals alleine gehen) prangt als Inschrift auf dem Vereinswappen des FC Liverpool. Das muss Gillett nun in Liverpool beweisen.

© SZ vom 06.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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