Übernahme:Gebrauchtwaren statt Aktien

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Dinge im Internet zu ver- und ersteigern war mal ein Trend. Heute verdient Ebay auch mit Kleinanzeigen Geld. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Der Betreiber der New Yorker Börse will den Online-Händler Ebay kaufen.

Von Jonas Schulze, München

Das US-Unternehmen Intercontinental Exchange (ICE) betreibt in New York mit der NYSE die größte Wertpapierbörse der Welt. Doch die Firma kann sich vorstellen, künftig auch mit anderen Dingen zu handeln: Wie das Wall Street Journal berichtet, hat ICE dem Online-Händler Ebay ein Übernahmeangebot gemacht.

Die Kunden von ICE sind Hedgefonds und Investoren, der Handel erfolgt in Sekundenbruchteilen und mitunter werden riesige Summen bewegt. Ebay hingegen betreibt einen Online-Marktplatz für Kleinunternehmer und Privatleute. "Das Interesse von ICE ist trotzdem nicht abwegig", sagt Alexander Graf, der Unternehmen bei E-Commerce berät. "Ebay ist kein klassisches Handelsunternehmen, sondern eine Plattform", sagt Graf. Da Ebay selbst keine Lagerhäuser oder Waren besitze, sei das unternehmerische Risiko vergleichsweise gering. Laut dem Zeitungsbericht ist Ebay aber nicht an einer Übernahme durch den Börsenbetreiber interessiert. Der Aktienkurs von Ebay stieg nach der Veröffentlichung trotzdem um mehr als acht Prozent. Die ICE-Aktie hingegen fiel in ähnlicher Größenordnung.

Ebay wird an der Börse mit etwa 30 Milliarden Dollar bewertet. Die wichtige Anzeigensparte soll laut Wall Street Journal zehn Milliarden Dollar wert sein. Zu dem Segment gehören die deutschen Plattformen "Ebay Kleinanzeigen" und "Mobile.de". Der Wert des Handelssparte wird auf etwa 20 Milliarden Dollar geschätzt. 2015 wurde Paypal, das seit dem Jahr 2002 zu Ebay gehörte, aus dem Unternehmen ausgegliedert. Im vergangenen Jahr wurde der Ticketdienst Stubhub für vier Milliarden Dollar verkauft.

Finanzinvestoren und Anteilseigner von Ebay forderten zuletzt weitere Ausgliederungen und einen stärkeren Fokus auf das Kerngeschäft. "Die Summe der Einzelteile ist mehr wert als der Gesamtkonzern", sagt Handelsexperte Graf. Ausgliederungen seien bei Investoren beliebt, weil so der Börsenwert erhöht werden könne.

Zu Beginn der 2000er-Jahre war Ebay ein Star auf dem schnell wachsendem Online-Markt. Der Börsenwert kletterte rasant und Ebay übernahm zahlreiche andere Unternehmen. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen aber viele Marktanteile an den Konkurrenten Amazon verloren. Unternehmensberater Markus Fost hält es für möglich, dass sich die Fokussierung auf den Online-Marktplatz für das Unternehmen auszahlen könnte. "Im Vergleich zu Amazon ist Ebay aktuell ein Schnäppchen", sagt Fost. Ebay sei noch immer der zweitgrößte Online-Händler in den USA und Europa. Das Unternehmen müsse aber nutzerfreundlicher werden und die Produktsuche auf der Webseite vereinfachen. Im Jahr 2019 wurde die Ebay Webseite im Durchschnitt 115 Milliarden mal pro Monate aufgerufen. Die Zahlen von Amazon lagen etwa fünfmal so hoch. Allerdings sind Unternehmensanteile von Amazon auch um ein Vielfaches teurer: Der Börsenwert liegt bei einer Billion Dollar.

Egal, wie es mit Ebay weitergeht: Die Zeit könnte knapp werden. Neue Akteure verschärfen den Wettbewerb und wollen Hersteller und Kunden besser zusammenbringen. So könnten auch Konzerne aus China die USA und Europa künftig stärker in den Fokus nehmen.

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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