Übernahme des Outdoor-Spezialisten Deuter:Warum Stabilo plötzlich Rucksäcke verkauft

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Der Traditionshersteller von Schreibgeräten verschafft sich neben der Kosmetik ein drittes Standbein.

Von Uwe Ritzer

Die bislang ausschließlich auf die Produktion von Schreibgeräten und Kosmetikstiften konzentrierte Schwan-Stabilo-Gruppe steigt überraschend ins Outdoor-Geschäft ein. Um sich ein drittes Standbein zu schaffen, hat das fränkische Familienunternehmen den Rucksackhersteller Deuter übernommen.

Der Zukauf des 1878 gegründeten und unter Wanderern, Trekking-Fans oder Mountainbikern bekannten Unternehmens erfolge "rein aus Gründen des Wachstums", sagte Sebastian Schwanhäußer, einer der drei Konzerngeschäftsführer und Mitglied der Eigentümerfamilie von Schwan der Süddeutschen Zeitung.

"Großes Potenzial"

Während der Markt für Schreibgeräte und Kosmetikstifte immer schwieriger werde und nur noch in geringem Umfang wachse, weise jener für Outdoor-Produkte überdurchschnittliche Zuwachsraten auf. "Wir sehen hier ein sehr großes Potenzial und wollen Deuter mittelfristig in die Größenordnung unserer bisherigen Teilkonzerne bringen".

Im zurückliegenden Geschäftsjahr (30.6.) setzte der in Heroldsberg bei Nürnberg angesiedelte Schwanhäußer Industrie-Konzern (3100 Beschäftigte) insgesamt 288 Millionen Euro um, fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Über die Ertragslage machte das Unternehmen keine Angaben.

Die im Teilkonzern Stabilo zusammengefasste Schreibgerätesparte steigerte ihren Umsatz von 110 auf 123 Millionen Euro. Wesentliche Gründe dafür seien die Fokussierung auf eine jugendliche Zielgruppe mit steigender Kaufkraft sowie der Erfolg mit unter ergonomischen Gesichtspunkten entwickelten Schreib- und Malprodukten, so das Unternehmen.

Der Teilkonzern "Private Label", der für große und bekannte internationale Marken Kosmetikstifte produziert, wuchs nur um ein Prozent auf 165 Millionen Euro Umsatz. Wegen Veränderungen der Sortimentsstruktur habe man auf diesem Sektor geplante Umsatzrückgänge zu verzeichnen, die durch neue Produkte und effizientere interne Strukturen kompensiert worden seien, hieß es.

Neben diesen Zahlen nehmen sich die 25 Millionen Euro Jahresumsatz der in Gersthofen bei Augsburg angesiedelten Firma Deuter (45 Mitarbeiter) bescheiden aus. Sebastian Schwanhäußer zeigte sich zuversichtlich, dass der im gehobenen Preissegment angesiedelte Outdoor-Spezialist den Anschluss an die angestammten Schwan-Geschäftsfelder zügig schafft.

"Bislang ist Deuter stark auf das Deutschland-Geschäft konzentriert. Wir sehen vor allem im benachbarten europäischen Ausland, aber auch in Asien und den USA enorme Wachstumsmöglichkeiten", sagte Schwanhäußer. Die Franken sehen die Outdoor-Branche insgesamt unmittelbar vor einer Konsolidierung. Vor allem hierzulande gebe es viele kleine Markenhersteller, von denen jedoch nur wenige international tätig seien, sagte Schwanhäußer.

Dass der Schreibgerätehersteller mit dem Einstieg in ein ihm bislang völlig fremdes Geschäftsfeld ein Risiko eingeht, lässt der Unternehmer nur bedingt gelten: "Im Stiftebereich und im Outdoor-Sektor müssen gleichermaßen Marken und Zielgruppen gepflegt werden, und da kennen wir uns aus."

Eigenständig weitergeführt

Von diesem Know-how der Schwan-Gruppe solle nun auch Deuter profitieren. Zudem erhoffe man sich "einen intensiven Know-how-Transfer" innerhalb der drei Unternehmenssparten.

An produktorientierte Kooperationen, etwa den gemeinsamen Vertrieb von Kinderrucksäcken und Farbstiften, sei nicht gedacht. Synergieeffekte könnte es hingegen bei der Erforschung von Trends, dem Erschließen spezieller Zielgruppen sowie bei der Entwicklung und dem Einsatz neuer Materialien und Techniken geben, sagte Schwanhäußer.

Organisatorisch werde Deuter strategisch und operativ eigenständig geführt.

Anstelle des bisherigen Inhabers Michael Franke, der das 1898 gegründete und seit 16 Jahren in seinem Eigentum befindliche Unternehmen nun "aus privaten Gründen" (Schwanhäußer) verkauft habe, wird der bereits bei Deuter tätige Bernd Kullmann die Geschäfte führen. Die Mitarbeiter beider Unternehmen wurden am Donnerstag von der Übernahme unterrichtet.

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