Überlebenskampf bei General Motors:"Der Schritt war überfällig"

Lesezeit: 3 min

General-Motors-Chef Rick Wagoner gibt seinen Posten auf Druck des Weißen Hauses auf: Das Sanierungskonzept taugt nicht. Der Opel-Betriebsrat lobt eilig seinen Nachfolger.

Der Opel-Betriebsrat hat den Chefwechsel bei der Konzernmutter General Motors begrüßt. "Der Schritt war überfällig", sagte Betriebsratschef Klaus Franz am Montag zu Reuters.

GM-Chef Rick Wagoner gibt auf: Auf Druck des Weißen Hauses legt er sein Amt nieder. (Foto: Foto: AP)

Zuvor war bekanntgeworden, dass der Vize-Chef und frühere GM-Europa-Präsident Fritz Henderson den bisherigen Chef Rick Wagoner ablösen soll.

Henderson habe den Plan für die Herauslösung von Opel aus dem kriselnden Mutterkonzern klar vorangetrieben, sagte Franz.

Er stehe für Dezentralismus und die Eigenständigkeit der Regionen, während Wagoner "der Inbegriff des gescheiterten zentralistischen Systems" sei. Henderson positioniere sich klar und stehe zu seiner Linie und seinen Entscheidungen. Von Opel selbst war zunächst keine Stellungnahme zu dem Chefwechsel zu erhalten.

Wagoner hatte auf Drängen des Weißen Hauses sein Amt abgegeben. Damit habe er den Weg frei für die vom Opel-Mutterkonzern geforderten weiteren Milliardenhilfen der US-Regierung, hieß es in US-Medien

Wie das Wall Street Journal berichtete, wurde Wagoner bereits am Freitag von Steven Rattner, dem Chefberater des von US-Präsident Barack Obama eingesetzten Arbeitsstabes zur Rettung der Autoindustrie, um den Rücktritt gebeten.

Rattner habe die Bitte in einem persönlichen Gespräch mit Wagoner im Finanzministerium vorgetragen. Anschließend sei er mit Henderson zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammengetroffen.

Der 56-jährige Wagoner hatte im Jahr 2000 das Steuer bei GM übernommen. In den vergangenen vier Jahren häufte der einst weltgrößte Autokonzern Verluste von insgesamt mehr als 80 Milliarden Dollar (60 Milliarden Euro) an.

Längere Gnadenfrist

Obama will an diesem Montag einen neuen Rettungsplan für GM und den Wettbewerber Chrysler bekanntgeben.

Es gilt als sicher, dass Obama zusätzliche kurzfristige Überlebenshilfen für die Autohersteller gewähren wird, allerdings mit der strikten Auflage weiterer drastischer kostensparender Schritte.

Die bisherigen Sanierungspläne von GM und Chrysler lehnt die Obama-Regierung ab. Keines der Unternehmen habe einen belastbaren Plan vorgelegt, der weitere Milliarden Dollar Steuergelder wert sei, erklärten ranghohe Beamte der Regierung am Sonntag.

Obama setzt den Autoherstellern daher kurze Fristen, um eine umfassende Restrukturierung zu erzwingen. Der Opel-Mutterkonzern GM soll laut mit dem Rettungspaket befassten Beamten eine Anschlussfinanzierung für zwei Monate in unbekannter Höhe bekommen, um einen umfassenden Konzernumbau einzuleiten.

Dafür soll GM in den nächsten 60 Tagen mit Gewerkschaften, Aktionären und Gläubigern verhandeln und ihnen bedeutende Zugeständnisse abfordern.

Chrysler soll bis zu sechs Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) erhalten, verbunden mit der Auflage, die Partnerschaft mit dem italienischen Autobauer Fiat in den nächsten 30 Tagen in trockene Tücher zu bekommen. Die Regierung geht davon aus, dass Chrysler alleine nicht überlebensfähig ist.

"Schlank, hart und konkurrenzfähig"

Im Gespräch war bislang, dass Fiat im Gegenzug für einen weitgehenden Technologietransfer einen Anteil von 35 Prozent an dem US-Autobauer erhält. Sollten die Verhandlungen scheitern, werde es keine weitere Finanzierung geben, hieß es in Washington.

GM und Chrysler haben bisher insgesamt 17,4 Milliarden Dollar an Staatskrediten erhalten. Die Opel-Mutter GM will zusätzliche 16,6 Milliarden Dollar, Chrysler fünf Milliarden. Ohne neues Geld droht die rasche Pleite.

Eine Pleite von GM will die US-Regierung möglichst vermeiden, schließt aber bislang eine geordnete Insolvenz als letzten Weg auch nicht völlig aus. Das machte Obama auch am Sonntag in einem Interview des Senders CBS klar. "Wir wollen eine erfolgreiche Autoindustrie", erklärte Obama. Das sei auch möglich, aber dazu müssten die Unternehmen "schlank, hart und konkurrenzfähig" werden.

Über einen Rücktritt Wagoners war immer wieder spekuliert worden. Der Konzernchef selbst hatte entsprechende Forderungen etwa von Aktionären aber immer wieder zurückgewiesen.

Der 50-jährige Henderson galt bei vielen bereits als ausgemachter Nachfolger. Als Chief Operating Officer war er seit einem Jahr für das laufende Geschäft zuständig. Als früherer Chef der Europa-Tochter kennt er auch die Lage bei Opel bestens.

Von einem endgültigen Sanierungskonzept für GM hat die deutsche Bundesregierung auch Hilfen für die Tochter Opel abhängig gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht an diesem Dienstag den Autohersteller in Rüsselsheim. Der angeschlagene Autokonzern soll derweil nicht mehr unmittelbar von der Zahlungsunfähigkeit bedroht sein - dank der Abwrackprämie.

Opel will sich von GM unabhängiger machen und sucht dafür Investoren. Merkel lehnt einen Staatseinstieg bisher ab, führende SPD-Politiker haben sich dafür ausgesprochen. Das Land Rheinland-Pfalz stellte bereits eine Beteiligung in Aussicht.

© sueddeutsche.de/Reuters/AP/dpa/gal/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Autokrise 2008
:Abbruch in Detroit

2008 sah die Autobranche den Niedergang von General Motors, Ford und Chrysler. Selbst die einstigen Vorzeigemarken BMW, Mercedes und VW schwächeln - Szenen einer beispiellosen Krise. In Bildern

Günther Fischer
Jetzt entdecken

Gutscheine: