Trotz Wirtschaftskrise:Deutschlands Reiche im Aufwind

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Konjunkturflaute und Arbeitslosigkeit können einer Gruppe nichts anhaben: den Wohlhabenden, Reichen und Superreichen. Ihre Zahl wird auch in den kommenden Jahren auf europäische Spitzenwerte steigen.

Von Lothar Gries

Einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zufolge liegt die Bundesrepublik mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 26000 Dollar (21000 Euro) inzwischen zwar auf gleicher Höhe mit Finnland und Italien.

Das Wohlstandsniveau in Dänemark und den Niederlanden übersteigt das deutsche um mehr als zehn Prozent. Eine Studie des Beratungsunternehmens Datamonitor zeigt jedoch, dass das Vermögen der Deutschen, die mindestens 50 000 Euro liquide Mittel - also Bargeld, Spareinlagen, Aktien oder Fondsanteile - besitzen, deutlich ansteigen und 2007 die Schwelle von 1600 Milliarden Euro überschreiten wird. Das wären 350 Milliarden Euro mehr als 2002.

Der Wert des Vermögens nehme zwar deutlich langsamer zu als in den Vorjahren, erwarten die Experten. Zwischen 1997 und 2002 stieg das Geldvermögen jährlich um gut zehn Prozent. Doch sei ein genereller Abstieg Deutschlands in die Armut nicht zu erwarten, meinen sie. Deutschland bleibt damit in den nächsten Jahren der attraktivste Markt Europas für Vermögensverwalter und Privatbanken.

Jagdgründe für Vermögensverwalter

Auch ist es in hier zu Lande trotz flauer Konjunktur und stagnierender Börsen immer noch möglich, ein Vermögen aufzubauen. Die Zahl der als wohlhabend eingestuften Erwachsenen über 18 Jahre wird der Untersuchung zufolge in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Die Analysten von Datamonitor erwarten, dass 2007 rund 8,6 Millionen Deutsche - knapp zehn Prozent der Bevölkerung - über ein Finanzvermögen von 50000 Euro bis 300 000 Euro verfügen werden. Das wären 1,7 Millionen mehr als noch 2002 und entspräche einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate von gut fünf Prozent.

Hinzu kommen etwa 840 000 Personen, die ein Barvermögen von mindestens 300000 Euro besitzen. Sie werden von den Vermögensverwaltern besonders stark umworben. In dieser Kategorie erwarten die Experten von Datamonitor gar ein durchschnittliches Wachstum von bis zu neun Prozent pro Jahr.

Das von diesen Personen gehaltene Vermögen dürfte dann von derzeit 550 Milliarden Euro auf rund 740 Milliarden Euro ansteigen. Auch damit belegt Deutschland in Europa den absoluten Spitzenplatz.

In keinem anderen Land gibt es derart viele Wohlhabende. Das gilt auch für diejenigen Deutschen, die drei Millionen Euro und mehr besitzen. Ihre Zahl dürfte den Prognosen zufolge bis 2007 auf 28 000 steigen und am schnellsten von allen Reichen-Gruppen zunehmen.

Der Abstand zu Frankreich als dem zweitgrößten Markt für wohlhabende Privatpersonen in Europa dürfte sich damit kaum verringern. Bisher gibt es in hier zu Lande rund 1,4 Millionen mehr wohlhabende Privatpersonen als jenseits des Rheins.

Geografische Zersplitterung

Wie in anderen Ländern auch, ist das Vermögen jedoch höchst ungleich verteilt. Rund die Hälfte des liquiden Geldvermögens liegt in der Gruppe derjenigen Privatpersonen, die über 300000 Euro und mehr verfügen. Sie stellen nur rund ein Prozent der Bevölkerung über 18 Jahre.

Auch ist das Vermögen in Deutschland geografisch sehr stark zersplittert. Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg und vor allem Nordrhein-Westfalen sind die Regionen mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Nirgendwo sonst gibt es derart viele Privatbanken und Vermögensverwalter wie zwischen Bielefeld und Köln. In den ostdeutschen Bundesländern ist die Zahl der Reichen am niedrigsten, was sich auch nicht ändern soll.

Um diese Kunden ist ein heftiger Wettbewerb entbrannt. Neben den heimischen Banken drängen auch immer mehr ausländische Geldhäuser auf den Markt. Besonders erfolgreich agiert dabei die Schweizer Großbank UBS. Sie hat den hiesigen Anbietern beträchtliche Marktanteile abgerungen. Leidtragende dieses Prozesses sind kleinere Privatbanken.

© SZ vom 23.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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