Trotz TGV-Rekord:Frankreichs Bahn will ICE eine Chance geben

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Nach dem Weltrekord des Hochgeschwindigkeitszugs TGV mit 574,8 Stundenkilometern hält sich die Euphorie in Frankreich in Grenzen: Die Staatsbahn SNCF hält sich alle Optionen offen und will künftig auch dem deutschen ICE eine Chance geben.

Einen Tag nach der Rekordfahrt des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV sicherte die französische Staatsbahn SNCF am Mittwoch zu, beim Ersatz ihrer alternden TGV-Flotte "die Konkurrenz spielen" zu lassen.

Neben dem TGV-Bauer Alstom könnten auch Siemens mit seinem ICE und Bombardier Angebote vorlegen, erklärte der SNCF-Generaldirektor Guillaume Pépy am Mittwoch im Pariser Rundfunk.

Die französische Bahn will ab 2013 ihre TGV-Flotte ersetzen. Die Aufträge haben einen Schätzwert von sieben bis neun Milliarden Euro. Die Ausschreibungen sollen im Herbst beginnen. "Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis wird gewinnen", sagte Pépy.

Hauptkriterium Zuverlässigkeit

Hauptkriterium sei die Zuverlässigkeit. Am Dienstag hatte ein Versuchs-TGV die Geschwindigkeit von 574,8 km/h erreicht. Im Reiseverkehr sind bis zu 300 Km/h üblich. Die SNCF gehört zu den TGV-Partnern.

Auch in der französischen Presse war die Rekordfahrt Gegenstand nüchterner Betrachtungen. Die Mülhausener Zeitung L'Alsace kommentierte:"Der TGV ist zunächst der Beweis, dass die Marktwirtschaft kein Allheilmittel ist. Es gibt ihn, weil der Staat in die Bahn des 21. Jahrhunderts investiert hat. Erlauben wir uns ein Kikeriki auf einen - echten - Erfolg des französischen Modells. Aber behalten wir dabei einen kühlen Kopf."

Die Rekordfahrt wecke Erinnerungen an den Erstflug des Airbus A380 im Mai 2005, schrieb L'Alsace weiter. Das schöne Flugzeug habe sich wenige Tage vor dem EU-Referendum in die Lüfte erhoben, und viele Politiker hätten die Herrlichkeit des A380 als Argument zu genutzt, um zum "Ja" aufzurufen: "Man weiß, was daraus wurde: Der A380 fliegt sehr gut, doch Airbus geht es sehr schlecht."

"Nur einen Teil des Weges zurückgelegt"

Das dürfe sich beim TGV nicht wiederholen, so die Zeitung weiter. Der Zug von Alstom und der Staatsbahn SNCF habe nur einen Teil seines Weges zurückgelegt. Jetzt gehe es darum, ihn im Ausland zu verkaufen. Das sei nicht einfach, denn die Technik sei dabei nicht immer entscheidend.

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