Trotz erfolgreichem Börsengang:"Premiere bleibt Risikopapier"

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Aktionärsschützer warnen trotz der erfolgreichen Börsenpremiere des Bezahlfernsehsenders Premiere vor Euphorie.

"Die Premiere-Aktie ist nach wie vor ein Risikopapier", sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Premiere habe seine Profitabilität noch nicht unter Beweis gestellt.

Premiere ist künftig ein Börsenwert. (Foto: Foto: dpa)

"Pay-TV in Deutschland ist kein einfacher Markt. Premiere-Chef Kofler muss jetzt zeigen, dass die Geschäftsidee tatsächlich funktioniert." Beim Börsengang habe Premiere der hohe Bekanntheitsgrad geholfen, über den andere Börsenkandidaten nicht verfügen.

Die zwölffach überzeichnete Neuemission könne trotzdem einen positiven Einfluss auf Nachahmer haben. "Viele Aspiranten werden sich den Premiere- Börsengang genau ansehen. Diejenigen, die mit dem Schritt schon lange liebäugeln, könnten sich nun auch dafür entscheiden."

"20 Börsendebüts in diesem Jahr realistisch"

Nachdem die DSW zu Jahresbeginn noch von 10 bis 15 Neuemissionen für 2005 ausgegangen war, seien bis zu 20 nun durchaus realistisch, sagte Kurz.

In diesem Jahr hat bisher erst die Biotechnologie-Firma Paion den Sprung aufs Parkett riskiert. Der Börsengang von Lanxess, der ehemaligen Chemiesparte des Bayer-Konzerns, lief außer Konkurrenz, weil keine Papiere an neue Aktionäre ausgegeben wurden.

Im vergangenen Jahr waren fünf Unternehmen an die Börsen gegangen, 2003 keins.

Zwölffach überzeichnet

Der größte Börsengang eines deutschen Medienunternehmens war dem Premiere am Mittwoch glanzvoll geglückt. Die zwölffach überzeichnete Aktie startete am Mittwoch mit einem Kurs von 30,50 Euro und damit deutlich über dem Ausgabepreis von 28 Euro.

"Das ist ein Start, den man sich erträumt", sagte ein sichtlich bewegter Premiere-Chef Georg Kofler. Das Unternehmen hatte den Gang an den Aktienmarkt mit einer massiven Werbekampagne begleitet.

Er habe heimlich auf einen Kurs von über 30 Euro gehofft, sagte Kofler im Nachhinein. Auch das gehandelte Volumen von 10 Millionen Stück gleich zum Start des Papiers sei gut. "Das ist ein großer und glücklicher Tag für Premiere", freute sich Kofler.

Gezeichnet wurden dem Premiere-Vorstandschef zufolge 525 Millionen Aktien im Gesamtwert von 14,5 Milliarden Euro. Ausgegeben wurden allerdings nur 42,1 Millionen Papiere für 1,179 Milliarden Euro.

Mehr als 700 institutionelle Anleger hätten Aktien im Wert von rund 13,5 Milliarden Euro gezeichnet, 117.000 Privatanleger wollten für rund 750 Millionen Euro das Premiere-Papier haben, berichtete Kofler weiter.

Darunter seien etwa 10 Prozent Abonnenten des Pay-TV-Senders gewesen. Die Zuteilung der Aktien sei für den Vorstand und ihn "ein Luxusproblem" gewesen. "Wir sind zu einem weisen Ende und einer guten Verteilung gekommen", sagte Kofler.

Demnach erhalten Privatanleger 30 Prozent der Papiere und institutionelle Investoren 70 Prozent. Von den institutionellen Anlegern kommen dem Premiere-Chef zufolge 39 Prozent aus Deutschland, 32 Prozent aus Großbritannien, 15 Prozent aus dem restlichen Europa und 14 aus den USA.

Größter Börsengang seit Emission der Postbank

Der Börsengang von Premiere ist der größte seit dem der Postbank im Juni 2004, durch den mehr als 1,5 Milliarden Euro erlöst wurden.

"Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter" Die Beteiligungsverhältnisse bei dem Bezahlsender sehen jetzt wie folgt aus: 51,3 Prozent sind im Streubesitz, Finanzinvestoren (darunter Permira Fonds mit einem Anteil von 23,6 Prozent) halten zusammen 33,8 Prozent, 13,9 Prozent sind im Besitz von Kofler selbst und etwa 1 Prozent gehören dem Management.

Zeitgleich mit dem Börsengang habe es eine komplette Neufinanzierung gegeben, berichtete Kofler. Alle Altkredite seien zurückgeführt worden. 17,4 Millionen Euro würden an die Deutsche Fußball Liga gezahlt. Die Nettoverschuldung werde von 370 Millionen Euro Ende 2004 auf unter 100 Millionen reduziert.

"Banken laufen uns heute eher nach"

Kofler erzählte in diesem Zusammenhang auch, dass es vor drei Jahren noch schwierig gewesen sei für Premiere, einen Kredit zu bekommen. "Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die Banken uns heute eher nachlaufen."

Kofler sieht sein Unternehmen nach diesem Börsenstart auf einem guten Weg in den Nebenwerte-Index MDAX. Angesichts des Streubesitz-Anteils der Aktie von mehr als 50 Prozent und einer Eigenkapitalquote von ebenfalls mehr als 50 Prozent nach dem Börsengang sei Premiere für den MDAX qualifiziert.

Zur Entwicklung seines Unternehmens sagte Kofler, es habe viele Momente gegeben, "in denen so genannte Branchenkenner keinen Pfifferling auf uns gewettet hätten. Wir haben immer gesagt: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter."

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