Triumph für Kirch:Deutsche Bank steht vor Niederlage in Karlsruhe

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Ex-Medienunternehmer Leo Kirch kann bei seiner Schadensersatzklage gegen gegen das Geldhaus und den früheren Bankchef Rolf Breuer mit einem Teilerfolg rechnen.

Helmut Kerscher

Die Klage wurde am Dienstag vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Das Urteil folgt am 24. Januar.

Der Vorsitzende des Banken-Senats, Gerd Nobbe, ließ erkennen, dass er die Klage von Kirchs Printbeteiligungs GmbH gegen die Deutsche Bank wegen einer "Loyalitätspflichtverletzung" durch Äußerungen Breuers im Februar 2002 für begründet hält.

Die Bank hatte der Gesellschaft im Jahr 1998 einen Kredit über 1,4 Milliarden Mark gegen Verpfändung ihrer Anteile an der Axel Springer AG gewährt.

Aus dem Darlehensvertrag ergebe sich für eine Bank die Pflicht, die Kreditwürdigkeit ihres Kunden nicht zu gefährden und ihm die Aufnahme weiterer Kredite nicht zu erschweren, sagte Nobbe. Anders seien mangels Vertrags die eigenen Klagen Kirchs und die von seiner Taurus-Holding abgeleiteten Klagen zu beurteilen.

"Durch die Tür weggelaufen"

Auch für die Klage gegen Breuer persönlich sehe es "nicht allzu gut aus". Dieser habe offenbar nichts Falsches gesagt und könne sich auf die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes berufen.

Auf der von Nobbe angedeuteten Linie hatte im Dezember 2003 bereits das Oberlandesgericht München entschieden. Es machte zwar die Bank, nicht aber Breuer haftbar.

Der BGH könnte dieses Urteil im Kern bestätigen und sich dabei grundsätzlich zum Bankgeheimnis äußern. Über die Höhe möglicher Ansprüche Kirchs hat der BGH nicht zu entscheiden. Bei einem Teilsieg in Karlsruhe müsste Kirch in einem weiteren Prozess auf Schadensersatz klagen und konkret beweisen, welche Verluste ein am 4. Februar 2002 gesendetes Fernseh-Interview Breuers verursacht hat.

Es geht dabei um einige wenige Sätze, die der damalige Vorstandschef der Deutschen Bank und Präsident des Bundesverbandes deutschen Banken am Rande des Weltwirtschaftsforums in New York gesagt hatte.

Angesprochen auf die "sehr, sehr vielen Schulden" Kirchs, sagte Breuer die vermutlich prozessentscheidenden, in der BGH-Verhandlung intensiv interpretierten Sätze: "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine ... Stützung interessieren."

Im April 2002 stellte die Kirch Media einen Insolvenzantrag, im selben Monat kündigte die Deutschen Bank den Kreditvertrag und verwertete ihre Pfandrechte an den Springer-Aktien zum Preis von 667 Millionen Euro. Kirch meinte, er hätte wesentlich mehr erzielt.

Die Kirch-Gruppe sei zum Zeitpunkt des Interviews keineswegs überschuldet gewesen, sagte ihr Anwalt Eilert Osterloh vor dem BGH. Die dem Konzern gehörenden Werte, unter ihnen umfangreiche Filmrechte, hätten um Milliarden über der Verschuldung gelegen. Erst nach dem Interview habe sich die Situation "total geändert".

"Zufallsschaden"

Die Banken seien beim Verhandeln über neue Kredite "durch die Tür weggelaufen". Für den Schaden müssten sowohl die Deutsche Bank als auch Breuer persönlich haften. Dessen Aussage über die Weigerung "des Finanzsektors", Kirch weitere Kredite zu gewähren, sei unwahr gewesen. Vor dem Interview seien verschiedene Banken bereit gewesen, Kirch zu unterstützen.

Demgegenüber sagte der Anwalt der Deutschen Bank und ihres jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Breuer, Reiner Hall, Breuer habe in seiner Eigenschaft als Verbandspräsident lediglich bekannte, in verschiedenen Medien dargestellte Tatsachen wiedergegeben.

Es gebe keinen inneren Zusammenhang zum Bankgeheimnis, das gerade die Deutsche Bank sehr hoch halte. Breuer habe auch die "allgemeine Schonungs- und Loyalitätspflicht" nicht verletzt und keineswegs rechtswidrig gehandelt. Die Insolvenz nannte Hall einen "Zufallsschaden", der unabhängig vom Interview eingetreten sei.

Richter Nobbe blieb dabei, dass sich der Vertreter einer großen deutschen Bank schon aufgrund des Darlehensvertrags über einen Kreditkunden "so nicht einlassen darf". Was die umstrittene Interview-Passage angehe, so sei Breuer gerade auf den Kirch-Kredit seiner Bank angesprochen worden und habe also nicht als Verbandsvertreter geredet.

Für das Grundrecht der Meinungsfreiheit sah der Vorsitzende Richter im Rahmen vertraglicher Pflichten keinen Raum. Im Gesamtzusammenhang könne man das Interview so lesen, dass nicht einmal die gut abgesicherte Deutsche Bank ihrem Kunden Kirch noch einen Kredit geben wollte. Die "Schadenswahrscheinlichkeit" der Breuer-Äußerungen sei vom Oberlandesgericht festgestellt worden.

© SZ vom 7.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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