Transrapid-Strecke wird verlängert:Überraschung in China

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Der Ausbau der Transrapid-Strecke in Schanghai ist offenbar beschlossene Sache: Bewohner werden bereits umgesiedelt. Doch die Verträge mit den Herstellern Siemens und Thyssen-Krupp sind noch gar nicht unterschrieben.

Janis Vougioukas

In mehreren Stadtbezirken hat die Regierung bereits die Umsiedlung der betroffenen Anwohner entlang der Trasse eingeleitet. ,,Das Projekt gliedert sich in zwei Teile'', sagte ein Mitarbeiter des Schanghaier Bauträgers.

Zunächst werde die bestehende 30 Kilometer lange Flughafenanbindung in Pudong zum Inlandsflughafen Hongqiao verlängert. Dazu lägen alle nötigen Genehmigungen vor.

Die Strecke soll Ende kommenden Jahres fertiggestellt werden. Die offizielle Eröffnung ist zum Beginn der Weltausstellung im Jahr 2010 geplant. Das Expogelände soll ebenfalls an die Transrapid-Strecke angeschlossen werden. Der Zeitplan gilt als sehr ehrgeizig. Für die Trassenverlängerung zur 175 Kilometer entfernten Nachbarstadt Hangzhou habe die Zentralregierung jedoch noch keine Genehmigung erteilt.

"Gespräche laufen noch"

Die Konsortialfirmen Siemens und Thyssen-Krupp zeigten sich von dem plötzlichen Fortschritt überrascht, zumal noch keine Verträge unterschrieben worden sind. ,,Wir haben darüber keine weiteren Informationen. Die Gespräche mit den chinesischen Partnern laufen noch'', sagte Siemens-China-Chef Richard Hausmann der Süddeutschen Zeitung.

Auch sei man noch nicht über die Erteilung der endgültigen Genehmigungen und die Verkündung des Baubeginns informiert worden, hieß es aus Managementkreisen. ,,Wir befinden uns wegen der Tagung des Volkskongresses in Peking in einer sensiblen Phase. Wir erwarten den Durchbruch kurz nach dem Ende der Sitzung in zwei Wochen'', sagte ein Beteiligter.

Die Pläne der Schanghaier Regierung sehen vor, zunächst 6000 bis 8000 Familien umzusiedeln. Die betroffenen Anwohner haben bereits begonnen, im Internet gegen die Zwangsräumungen und die Verlängerung der Transrapid-Strecke zu protestieren.

Ein Nutzer mit dem Namen Gentec schrieb im Forum der Webseite Soufun: ,,So ein großes Projekt, das so viele Einwohner betrifft - warum hat die Regierung die Pläne nicht früher veröffentlicht und die Anwohner um ihre Meinung gefragt?'' Im Bezirk Minhang wurden die Einwohner bei einer Informationsveranstaltung der Umsiedlungsbehörde informiert. ,,Wir müssen unsere Wohnung in den kommenden drei Monaten verlassen'', sagte ein Anwohner der SZ, bat aus Furcht vor Repressionen jedoch, seinen Namen nicht zu erwähnen.

Die Regierung habe zugesichert, die enteigneten Familien nach den Richtlinien des Jahres 2003 zu entschädigen. Wegen der stark gestiegenen Immobilienpreise reiche die Summe jedoch nicht, um gleichwertige Ersatzwohnungen zu finden.

Die Verhandlungen über den Ausbau der Vorzeigestrecke im Schanghaier Finanzdistrikt Pudong laufen bereits seit mehreren Jahren. Zunächst hatten Siemens und Thyssen-Krupp auf den Zuschlag für den Bau der rund 1200 Kilometer langen Strecke zwischen Peking und Schanghai gehofft.

Auf Druck des Eisenbahnministeriums entschied sich die chinesische Regierung jedoch dagegen. Neben dem Preis war auch die Forderung der Chinesen ein Streitpunkt, mindestens 70 Prozent des Projekts müssten in China gefertigt werden.

Nach dem bisherigen Stand der Verhandlungen soll der obere Fahrzeugkasten, in dem die Passagiere sitzen, in zwei Fabriken in China produziert werden. Der Unterbau, die komplizierte Schwebetechnologie sowie die Leittechnik sollen aus Deutschland kommen. Für die etwa 37 Kilometer lange Strecke von Pudong nach Hongqiao sollen drei Bahnhöfe gebaut werden. Am Südbahnhof sind bereits Plattformen für den Transrapid errichtet worden.

"Unterstützung von oben fehlt jetzt"

Dass die Verhandlungen sich in die Länge ziehen, liegt auch daran, dass der Transrapid in China inzwischen seinen wichtigsten Unterstützer verloren hat. Premierminister Zhu Rongji ging kurz nach der Einweihung der Demonstrationsstrecke im Dezember 2002 in Pension.

,,Zhu war früher die treibende Kraft. Die Unterstützung von oben fehlt jetzt'', hieß es aus deutschen Verhandlungskreisen. Es stärkt die deutsche Verhandlungsseite, dass Schanghai bereits vor der Vertragsunterzeichnung mit den Bauvorbereitungen begonnen hat.

Unabhängig von den Schanghaier Bauplänen bemüht sich China um die Förderung lokaler Magnetbahn-Technologien. Die Pekinger Regierung hat nach Medienberichten Forschungsgelder in Höhe von 300 Millionen Euro bereitgestellt, um lokale Entwicklungen zu fördern.

Mittelfristig soll ein eigener Transrapid entwickelt werden. Eine Gefahr für die deutsche Technologie besteht in den kommenden Jahren jedoch nicht. ,,Es existieren bisher nur Versuchsstrecken. Es wird noch mindestens zehn Jahre dauern, bis China die erste eigene Transrapid-Strecke für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb bauen kann'', sagte Li Fu, Professor der Southwest Jiaotong University in Chengdu und einer der renommiertesten chinesischen Experten auf dem Gebiet.

© SZ vom 08.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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