Thyssengas:Fröhliche Kröten

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Für den Bau der Gaspipeline Zeelink hatten die Betreiber scheinbar an alles gedacht - zum Schutz der Natur. Doch jetzt regt sich Protest: von den Anwohnern.

Von Janis Beenen

Berührt in Deutschland eine Schaufel den Boden, stehen die Umweltschützer auf der Matte. Besonders bei großen Bauprojekten lässt die Kritik von Naturliebhabern nicht lange auf sich warten. Und das bei ohnehin zahlreichen Auflagen, mit denen der Gesetzgeber Flora und Fauna sichert. Dieses Szenario ist den Netzbetreibern Thyssengas und Open Grid Europe allzu vertraut. Aktuell planen die Unternehmen den Bau einer 600 Millionen Euro teuren Gasleitung. Dafür muss quer durch Nordrhein-Westfalen gebuddelt werden. Die Pipeline mit dem Namen "Zeelink" soll die belgische Küste mit dem Münsterland verbinden.

Thyssengas und Open Grid legten sich bei der Vorbereitung des Projekts ins Zeug, um Ärger zu verhindern. Mitarbeiter tingelten durch die Dörfer und hörten sich die Sorgen etlicher Ortsvereine der großen Umweltverbände an. Trotz erheblicher Mehrkosten ließen sich die Planer auf alternative Routen für die Pipeline ein. Und wenn doch ein Wald gequert werden muss, gerne mit bodenschonender, aber finanziell aufwendiger Technik. "Geld spielt keine Rolle", sagte mal ein Zeelink-Vertreter. Hauptsache kein Ärger mit der Wald- und Wiesenlobby oder gar den Gerichten.

Jetzt sind die Entwürfe in der finalen Phase. Naturschützer, zahlreiche Kröten und Kauze sind hochzufrieden. Nun stellt sich heraus: Nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch Menschen nervt eine Gasleitung vor der Haustür. Der Versuch, naturschonend zu arbeiten, führt dazu, dass die Pipeline auf wenige Meter an die Gärten zahlreicher Trassenanwohner rücken soll. In Hünxe am Niederrhein regt sich extremer Widerstand. Hunderte haben Angst. Neben Sorgen um den Wert ihrer Häuser treibt sie die Furcht vor einer Havarie um. Eine juristische Auseinandersetzung über den Verlauf der Trasse scheint unausweichlich. Thyssengas und Open Grid wollen es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen, ist zu hören. Und das, obwohl Bewohner eines niedersächsischen Dorfs im Jahr 2011 in einem ähnlichen Fall vor Gericht Recht bekamen. Die Neuplanung kostete damals mehrere Millionen Euro. Die Zeelink-Macher beharren dennoch auf ihrer Planung. Es allen recht zu machen, ist eben kompliziert.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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