Thomas Middelhoff:Abgerechnet wird am Schluss

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Thomas Middelhoff muss möglicherweise wieder vor Gericht. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Das Amtsgericht Bielefeld eröffnet das Insolvenzverfahren gegen den früheren Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff. Sein vorläufiger Insolvenzverwalter findet positive Worte.

Von Uwe Ritzer, Hamburg

Thorsten Fuest steht einiges bevor und er weiß das. Drei Monate lang hat der Bielefelder Rechtsanwalt als vorläufiger Insolvenzverwalter geklärt, wie viel Vermögen Thomas Middelhoff noch hat und was davon verwertbar ist, um Schulden des Ex-Managers zurückzuzahlen. Mehr als 50 Gläubiger fordern insgesamt gut 104 Millionen Euro vom tief gefallenen Ex-Bertelsmann.

Immerhin fand Fuest genug Masse, um in seinem Gutachten für das Amtsgericht Bielefeld für die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens zu plädieren. Die zuständige Richterin eröffnete am Freitag das Verfahren. Es wird Jahre dauern und vieles spricht dafür, dass es dabei zu einigen quälenden, rechtlichen Auseinandersetzungen kommen wird. Weniger mit Middelhoff selbst, dem Fuest "kooperatives und verfahrenskonformes Verhalten" bescheinigt. "Nach meinem Eindruck möchte er das Insolvenzverfahren mit seinen Gläubigern führen und es nicht auf Konfrontation anlegen", sagt Fuest.

Am liebsten wäre Middelhoff wohl ein baldiger Insolvenzplan, also ein mit seinen Gläubigern abgestimmtes Sanierungskonzept, bei dem diese auf Ansprüche verzichten würden. Das könnte schwierig werden, denn viele derer, denen der im November 2014 wegen unerlaubter Privatausgaben auf Firmenkosten zu (noch nicht rechtskräftigen) drei Jahren Gefängnis verurteilte Ex-Manager Geld schuldet, sind mächtig sauer auf ihn. Etwa weil er sie, wie den Münchner Unternehmensberater Roland Berger, jahrelang hingehalten und - statt seine Schulden zu zahlen - im Gegenzug verklagt hat.

Im Insolvenzverfahren könnte es neuen Ärger mit einigen Gläubigern geben. Jenen nämlich, die nicht nur Forderungen an Middelhoff haben, sondern von ihm in den vergangenen Jahren auch Zuwendungen erhielten. Dazu gehört etwa das Bankhaus Sal. Oppenheim. Der Insolvenzverwalter muss nun klären, ob diese Empfänger Sonderrechte gegenüber anderen Gläubigern genossen. Wenn ja, wird er das Geld zurückfordern oder gerichtlich einklagen. Das könnte sich hinziehen.

Vorsorglich richtet sich Thorsten Fuest auf ein schwieriges Verfahren ein. Schließlich sei er "bei Herrn Middelhoff auf äußerst komplexe und sehr komplizierte Vermögensverhältnisse gestoßen". Denn Hab und Gut des ehemaligen Topmanagers - respektive das, was davon noch übrig ist - steckt in einem merkwürdigen Geflecht aus Gesellschaften, die meist sein Freund und Anwalt Hartmut Fromm kontrolliert. Vieles ist verpfändet. Kritiker werfen Middelhoff vor, sein Vermögen angesichts der absehbaren Pleite systematisch beiseite geschafft zu haben. Er und Fromm bestreiten dies vehement. Soweit es sich bei den Übertragungen um reine Geschäftsbesorgungsverträge handelt, enden diese ohnehin automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Rätselhaft erscheinen auch Zahlungsströme ins Ausland, deren Sinn und Zweck sich nicht ohne weiteres erschließt, und die über diverse Gesellschaften abgewickelt wurden. Fuest will dazu im Detail nichts sagen. "Es ist noch sehr viel Ermittlungsarbeit nötig", sagt Fromm. Middelhoff will sich dem Vernehmen nach zumindest gegen Rückabwicklungen aus den Fromm-Gesellschaften nicht juristisch wehren.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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