TGV-Jubiläum:1.000.000.000 Fahrgäste

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Seit der Hochgeschwindigkeitszug 1981 erstmals von Paris nach Lyon donnerte, stellt er immer neue Rekorde auf und entwickelte sich zu einem kommerziellen Erfolg.

Anonym rast der Jubel-Fahrgast mit einem TGV durch die französischen Lande. Die Staatsbahn SNCF wollte kein "Gesicht" aus der großen Masse der Tempo-Reisenden herauspicken, die sich ihren Berechnungen zufolge an diesem Freitag auf eine Milliarde Passagiere summmieren.

Anfangs schaffte der Zug Höchsttempo 380, 1990 wurden erstmals 515,3 Stundenkilometer erzielt. Seit 2001 gehört es zu den liebsten Ferienfreuden der Pariser, in drei Stunden im Zug ans Mittelmeer zu flitzen. Die nächste Herausforderung ist der "TGV-Ost" von Paris nach Straßburg, der 2007 in Betrieb gehen soll.

Ein Erfolg

Im Gegensatz zum Güterverkehr und zum regionalen Personenverkehr, die in Frankreich mit ebenso großen und strukturellen Problemen zu kämpfen haben wie in Deutschland, war der "Train à grande vitesse" von vornherein ein Erfolg.

Nach dem Überschalljet Concorde konnte Frankreich weltweit mit einem weiteren Tempo-Projekt renommieren: Am 27. September 1981 ging es mit der Strecke Paris-Lyon los, 1989 waren knapp 200 Kilometer Richtung Bordeaux fertig, 1993 die Strecke von der Hauptstadt nach Calais am Ärmelkanal. Wie eine Krake ihre Fangarme, so rollte die SNCF die Schienenstränge von Paris ins Land - und konnte sowohl dem Autoverkehr als auch den Flugzeugen Marktanteile abjagen.

Komplizierte Technik

Die weit reichenden Ambitionen stellte die SNCF - und damit der hinter ihr stehende, ständig Milliardenbeträge zuschießende französische Staat - im vergangenen Jahrzehnt neu unter Beweis. Die TGV-Fangarme wurden ins Ausland ausgeworfen: Seit 1994 ist Großbritannien durch den Kanaltunnel mit dem Eurostar erreichbar, seit 1996 verkehren Thalys-Züge auf dem Streckennetz zwischen Paris, Brüssel, Amsterdam und Köln - vollgestopft mit komplizierter Technik, weil sie durch vier Länder rollen und mit vier unterschiedlichen Volt-Stärken zurechtkommen müssen.

Die Internationalisierung ist nicht abgeschlossen: Ein gutes Jahrzehnt wird es noch dauern, bis eine Strecke zwischen Lyon und Turin auch Italien ans französische Netz anschließt. Dabei sind ebenso aufwändige Tunnelbauten erforderlich wie auf der geplanten Pyrenäen-Durchquerung Richtung Spanien.

Zum internationalen Ausbau zählt die SNCF auch das derzeit größte Projekt, den "TGV Osteuropa", der über die Strecke Paris-Straßburg zugleich kürzere Fahrtzeiten Richtung München und Wien bringen soll.

Rund 4000 Arbeiter sind dabei, dieses Projekt aus dem Boden zu stampfen. Im Jahr 2007 soll das 400 Kilometer entfernt liegende Straßburg von Paris aus in 140 Minuten erreichbar sein. Das Hochgeschwindigkeitsnetz der SNCF, das völlig ohne Bahnübergänge auskommt und seit 22 Jahren ohne tödliche Kollision betrieben wird, wächst dann auf 1800 Kilometer an.

Geschwindigkeitsrekord eingebüßt

Den Geschwindigkeits-Weltrekord hat der TGV kurz vor der Jahrtausendwende eingebüßt. Mit 552 Stundenkilometern zog die japanische Magnetschwebebahn Maglev an ihm vorbei.

Auch auf den internationalen Märkten konnten sich die Franzosen nicht überall durchsetzen. In Taiwan hatte der japanische Shinkansen die Nase vorn, auf der Strecke Madrid-Barcelona der ICE.

Aber auf dem heimischen Markt, wo die SNCF bislang eine Monopolstellung genießt, sind sich alle Provinzstädte einig - sie wollen schnellstmöglich ans TGV-Netz angebunden werden. Das kann mitunter skurrile Blüten treiben. So verkehrt der TGV zum Badeort Les Sables d'Olonne am Atlantik auf den letzten hundert Kilometern auf einer völlig überalterten Trasse.

Dort wird eine Diesellok angekuppelt, um die High-Tech-Züge an die Küste zu ziehen. Spitz bemerkt der Pariser Express, es sei, als würde ein Esel vor einen Spitzen-Galopper gespannt.

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