Teures Heizen:100 Euro mehr fürs Gas

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Eine Mitarbeiterin von Gasnetz Hamburg steht in einer Gasdruckregelanlage. Die Beschaffung von Erdgas wurde zuletzt deutlich teurer. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Viele Anbieter haben in den vergangenen Monaten die Preise erhöht, einige werden noch folgen. Schuld ist nicht der Winter, sondern der Sommer.

Von Katharina Prechtl, München

Gas ist zur Zeit so teuer wie zuletzt vor drei Jahren. Ein Musterhaushalt von drei bis vier Personen muss für einen typischen Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden zur Zeit etwa 100 Euro mehr bezahlen als noch vor einem halben Jahr. Um etwa zehn Prozent ist der Gaspreis seit September 2018 gestiegen. Das Vergleichsportal Check 24 berechnete die jährlichen Gasausgaben unter den derzeitigen Preisen mit 1263 Euro, das Portal Verivox kommt mit 1220 Euro auf einen ähnlichen Wert. So rasant sind die Gaspreise zuletzt 2008 gestiegen.

Mit den Preissteigerungen der vergangenen Monate reagierten viele Anbieter auf die im Jahr 2018 deutlich erhöhten Beschaffungskosten für Gas. Eine erhöhte Nachfrage im Sommer 2018 hatte die Preise nach oben geschraubt. In Asien wurde wegen großer Hitze mehr Gas zu Klimatisierung verbraucht, Europa fragte mehr Gas zur Stromerzeugung nach. Warum aber wirken sich die Beschaffungskosten von 2018 noch so sehr auf die heutigen Gaspreise aus? Rainer Wiek, Chefredakteur des Energie-Informationsdienstes (EID), erklärt dies mit der vorsichtigen Preiskalkulation vieler großer Anbieter, vor allem der Stadtwerke. Diese passen ihre Preise oft erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung an. Denn sobald sich Preise ändern, auch wenn sie sinken, ist dies ein Anlass für viele Kunden, ihre Vertragskonditionen mit anderen Anbietern zu vergleichen. Gerade Stadtwerke versuchen, zu häufige Preisschwankungen zu vermeiden. Wiek hält es daher auch für eher unwahrscheinlich, dass die Preise bald wieder sinken, selbst wenn die Beschaffungskosten sich verringern.

Die Gas-Speicher sind gut gefüllt. Weitere Preissteigerungen sind daher eher nicht zu erwarten

Laut Check 24 hat sich in diesem Jahr für bisher 3,9 Millionen Haushalte das Erdgas verteuert. 314 Anbieter haben ihre Preise bereits erhöht, 27 weitere werden dies zum 1. April tun. Dem Energie-Informationsdienst zufolge geht die Preiserhöhungswelle der vergangenen Monate damit erst einmal zu Ende. Mit noch weiteren Erhöhungen müssen Kunden eher nicht rechnen. Anbieter, die noch nicht erhöht haben, könnten Verivox zufolge in den nächsten Wochen durchaus noch nachziehen.

Gegen weitere Preiserhöhungen spricht, dass die Gas-Speicher in Deutschland zur Zeit gut gefüllt sind. Der Winter war nicht besonders kalt, die Nachfrage nach Erdgas ist daher eher rückläufig. Aufgrund des vermehrten Imports von Flüssiggas durch amerikanische Containerschiffe mangelt es nicht an Angebot. "Erdgaspreise sind jedoch börsengetriebene Werte, mit endgültigen Aussagen über die Preisentwicklung muss man also vorsichtig sein", gibt Rainer Wiek allerdings zu bedenken. Auch wenn die Gaspreise für die Verbraucher wieder steigen, liegen sie noch immer deutlich unter ihren früheren Höchstständen. Vor gut zehn Jahren, im Januar 2009, mussten die Verbraucher für 20 000 Kilowattstunden 1597 Euro bezahlen, also über 300 Euro mehr als heute. Besonders in den vergangenen fünf Jahren ist der Gaspreis kontinuierlich gefallen und hat zeitweise den vergleichbaren Preis für Heizöl unterschritten.

Die jüngsten Preissteigerungen können für private Haushalte aber ein guter Anlass sein, einen Anbieterwechsel in Betracht zu ziehen. Vor allem wer noch nie den Anbieter gewechselt habe und sein Gas vom Grundversorger beziehe, habe meist günstigere Alternativen zur Verfügung, sagt Martin Brandis, Experte der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Um sich einen Überblick über verschiedene Angebote zu verschaffen, eignen sich Vergleichsportale im Internet. Brandis warnt allerdings vor sogenannten Lockangeboten für neue Kunden wie Boni und Sonderkonditionen. "Oft bieten die Versorger im ersten Jahr günstigere Konditionen, im zweiten Jahr wird der Vertrag dann deutlich teurer." Der Energieexperte empfiehlt daher, die Angebotssuche so einzustellen, dass Sonderkonditionen unberücksichtigt bleiben. "Beispielsweise bei Check 24 und Verivox ist ein Vergleich ohne Sonderkonditionen allerdings erst im zweiten Suchlauf möglich", sagt Brandis. Noch keine zwei Monate ist es her, dass der Versorger BEV einen Insolvenzantrag stellen musste. Brandis rät daher zur Skepsis, wenn die Preise eines Anbieters deutlich niedriger sind als alle anderen.

Er empfiehlt zudem, vor dem Vertragsabschluss beim neuen Anbieter anzurufen und Fragen zu stellen. So lasse sich die Erreichbarkeit und der Kundenservice testen. "Manchmal stellt sich dabei sogar heraus, dass der Preis beim Anbieter günstiger ist als im Vergleichsportal." Brandis rät außerdem von zu langen Vertragslaufzeiten ab. Um nach einer Preiserhöhung Geld zu sparen, können Kunden auch versuchen, durch einen verringerten Verbrauch Geld einzusparen. Kostenlos beraten lassen kann man sich dazu bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale.

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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