Teurer Krieg:Amerika sucht Geldgeber

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Die Kosten für den Wiederaufbau im Irak sind höher als erwartet.

Von Andreas Oldag

(SZ vom 12.08.2003) — Das Versöhnungsangebot von US-Präsident George W. Bush an Bundeskanzler Gerhard Schröder ist keine Überraschung. Die Amerikaner suchen dringend in Europa nach Verbündeten, die sich am Wiederaufbau in Irak beteiligen.

Als wichtigste Wirtschaftsmacht innerhalb Europas ist Deutschland aus Sicht der US-Strategen unverzichtbar. Sie wissen allerdings auch, dass die deutsche Regierung eher als die französische bereit ist, für die Verbesserung der belasteten Beziehungen zu Amerika zu bezahlen.

Tiefes Loch im Staatshaushalt

Bisher ist so gut wie keine optimistische Kalkulation der Amerikaner in Irak aufgegangen. Die Besatzung durch die US-Armee dauert länger als geplant. Monatlich addieren sich die Kosten für die US-Truppen auf knapp vier Milliarden Dollar.

Die Ausgaben könnten sich bis 2007 - bis dahin rechnen die US-Militärs mit einer Truppenstationierung - auf mehr als 150 Milliarden Dollar belaufen und reißen ein immer tieferes Loch in den Staatshaushalt.

Ein Desaster für US-Präsident Bush, der im nächsten Jahr wiedergewählt werden will. Er steht nun als Schuldenmacher dar, der die wirtschaftlichen Probleme seines Landes nicht in den Griff bekommt.

Die Amerikaner erhalten jetzt die Rechnung für ihren Alleingang in Irak. Als der Vater des amtierenden US-Präsidenten in den ersten Golfkrieg zog, übernahmen die Alliierten der USA immerhin 80 Prozent der Kosten. Noch billiger kam Washington im Kosovo-Konflikt davon, in dem es nur etwa 15 Prozent der Ausgaben für Wiederaufbau und Friedenssicherung tragen musste. Finanzielle Lastenteilung heißt auch das Gebot in Afghanistan.

Washington schickt seine GIs, und die Europäer reparieren, was Amerikas High-Tech-Armee zerstört hat. Nach Angaben der UNO braucht Irak jährlich rund 20 Milliarden Dollar, um die Versorgung der Menschen - 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung sind auf Lebensmittel-Lieferungen angewiesen - zu sichern und die Infrastruktur aufzubauen.

Theoretisch könnte Irak, das die zweitgrößten Erdölreserven der Welt besitzt, dies sogar zum größten Teil selber finanzieren.

Doch hundert Tage nachdem US-Präsident Bush das Ende der Kampfhandlungen verkündet hat, versinkt das Land im Chaos. Täglich kommt es zu Überfällen und bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Ölproduktion ist weit unter dem Vorkriegsstand und erreicht nur etwa die Hälfte der geplanten 1,5 Millionen Barrel (1 Barrel entspricht 159 Liter) pro Tag. In den strategisch bedeutenden Ölfeldern von Basra, die bislang für den Export liefern, werden nur 20 Prozent der Vorkriegsproduktion gefördert.

Reparaturen bis Jahresende

Amerikanische Fachleute rechnen damit, dass die Reparaturen mindestens noch bis Ende des Jahres dauern werden. Plünderungen und Sabotage-Aktionen haben Pumpen und Pipelines in den nördlichen Kirkuk-Feldern lahm gelegt.

Die Hoffnung der amerikanischen Regierung, dass sich die großen Öl-Konzerne wie Exxon und Chevron Texaco mit privaten Investitionen in der irakischen Erdölindustrie beteiligen, ist bisher nicht aufgegangen. Die Manager fürchten um die Sicherheit ihrer Ingenieure. Wer in Bagdad das Hotel verlässt und gesund zurückkehren will, muss sich Bodyguards für 1500 Dollar pro Tag leisten. "Wir wollen nicht, dass unsere Leute in Leichensäcken zurückgeschickt werden", meint ein Repräsentant einer Baufirma.

Für den Wiederaufbau Iraks hat die amerikanische Regierung in diesem Jahr rund 2,4 Milliarden Dollar bereit gestellt. Das ist weniger als die Hilfe der USA für Israel, die sich auf drei Milliarden Dollar jährlich beläuft. Unter den Irakern wächst die Unzufriedenheit über die amerikanische Besatzungsmacht.

Sie machen Washington dafür verantwortlich, dass die Arbeitslosigkeit auf den Rekordstand von über 50 Prozent gestiegen ist. Dies ist allerdings vor allem eine Folge der Auflösung des irakischen Militärs, das nach dem Ende des Krieges Tausende von Soldaten entlassen hat.

Geberkonferenz im Oktober

Jetzt will Washington auf einer Geberkonferenz im Oktober für einen neuen Hilfsfonds unter dem Dach der Weltbank werben. Die amerikanische Regierung will dabei vor allem die Europäer mit ins Boot bekommen. Eine entscheidende Frage ist freilich, inwieweit sich in Zukunft auch private Unternehmen am Wiederaufbau beteiligen.

Bisher haben die Amerikaner durch eine intransparente Ausschreibungspolitik nicht gerade für ihre Sache geworben. Der texanische Ölausrüster Halliburton, dessen Chef einst US-Vizepräsident Dick Cheney war, erhielt im Frühjahr dieses Jahres von der US-Regierung einen Millionenauftrag ohne Ausschreibung. Bis Oktober dieses Jahres will Washington weitere Aufträge in einem Gesamtvolumen von rund einer Milliarde Dollar vergeben.

Der amerikanische Baukonzern Bechtel hat jetzt allerdings nach Presseberichten einen Rückzieher gemacht. Offenbar befürchtet Bechtel, dass Halliburton aus politischen Gründen vorgezogen wird.

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