Telekommunikation:Tipps und Tricks für den Tarifdschungel

Lesezeit: 4 min

"Niemals war Telefonieren so billig!" tönt es hier, "Supergünstig" heißt es da. Es hört sich an, als wäre das Fernsprechen jetzt fast umsonst. Doch nicht immer lohnt sich der Tarifwechsel oder eine Sparvorwahl.

Von Thomas Hummel

Was die Verbraucher derzeit auf dem deutschen Telefonmarkt erleben, sollte ihnen - zumindest auf den ersten Blick - ausnahmslos gefallen.

So Angebote — da verliert der Kunde leicht den Überblick. (Foto: Foto: dpa)

"Superbillig" ist das Stichwort - die Anbieter übertreffen sich mit Lockrufen. Die Deutsche Telekom wirbt im Fernsehen mit Sondertarifen, mit denen die Kunden zeitweise angeblich gar nichts mehr bezahlen.

Das klingt gut, doch wer sich nicht genau informiert, der kann das Dickicht der Tarife kaum mehr durchschauen.

Verbraucherschützer sowie Verbände warnen vor Angeboten, die sich nicht lohnen.

Vorsicht vor Bündeltarifen

Besonders die Deutsche Telekom ist mit so genannten Bündel- oder Optionstarifen sehr erfolgreich. Zum Beispiel mit dem xxl-Tarif, für den Moderator Günther Jauch wirbt.

Der Kunde telefoniere damit an Wochenenden und bundeseinheitlichen Feiertagen deutschlandweit "für null Cent" ins Festnetz, heißt es. Dafür muss er eine im Vergleich zum Standard-Tarif der Telekom um mehr als neun Euro höhere Grundgebühr bezahlen.

Ein anderes Beispiel ist der enjoy-Tarif: Jede angefangene Stunde im deutschen Festnetz kostet hier zwölf Cent - wieder fällt im Gegenzug eine höhere Grundgebühr an, diesmal etwa um fünf Euro. Viele Kunden nutzen solche Bündeltarife, die Deutsche Telekom hat nach eigenen Angaben zwölf Millionen Kunden verpflichtet.

Der Branchenverband VATM, der die Wettbewerber des früheren Monopolisten vertritt, rät den Verbrauchern dagegen zur Vorsicht. Der Verband glaubt anhand einer Marktstudie zu erkennen, dass die Deutsche Telekom mit dem Erfolg der Bündeltarife ihren Rückgang an Verbindungsminuten im Festnetz durch erhöhte Anschlussumsätze "weitgehend kompensieren konnte".

Bei günstigen Tarifen ist oft eine hohe Grundgebühr fällig

Der VATM schließt daraus, dass sich die Angebote für viele Verbraucher nicht lohnen. Etwa der enjoy-Tarif: "Durch Anrufweiterschaltungen, Anrufbeantworter, kurze Fehlverbindungen werden die scheinbaren Vorteile billiger Stundentarife schnell wieder aufgezehrt."

Außerdem müsse der Kunde die hohe Grundgebühr auch bezahlen, wenn er etwa im Urlaub ist. Die Deutsche Telekom verteidigt ihre Tarifstrategie und verweist auf die Verbraucher.

"Ich gehe davon aus, dass die Kunden selbst abschätzen können, ob sich die Tarife für sie lohnen oder nicht", sagt ein Sprecher. So richte sich der enjoy-Tarif speziell an Langtelefonierer, der xxl-Tarif an Wochenend-Telefonierer.

Evelin Voß von der Verbraucherzentrale Sachsen appelliert an die Nutzer, ihr Telefonverhalten genau zu beobachten. "Wann telefoniere ich, wohin, wie lange, wie hoch ist meine Rechnung? Sonst ist die Gefahr groß, dass ich die hohe Grundgebühr nicht reinhole", warnt Voß.

Beim Call-by-Call kann sich der Tarif schnell ändern

Einen Vorteil böten die Bündelangebote aber: "Tarifsicherheit. Und das kann man bei vielen Call-by-Call-Anbietern nicht behaupten", sagte der Telekom-Sprecher. Außerdem könne der Kunde trotzdem noch das Call-by-Call-System nutzen.

Tricks der Call-by-Call-Anbieter: Wer immer den gerade billigsten Anbieter nutzen will, der wählt vor jedem Gespräch eine Vorwahl der jeweiligen Telefongesellschaft. Mit dem so genannten Call-by-Call ist das Sparpotenzial am größten.

Doch auf den mäßig informierten Verbraucher warten hier Fallen. Zum einen müssen sie aufpassen, für welchen Takt das Angebot gilt. Teilweise gibt ein Anbieter den Minutenpreis an, berechnet aber generell mindestens vier Minuten, was bei kurzen Telefonaten zu einer unliebsamen Überraschung führen kann.

Dazu gibt es Anbieter, die ihre Tarife schnell ändern, manchmal binnen Stunden. Bei längeren Gesprächen kann es passieren, dass der Anrufer in einen teuren Tarif kommt, ohne es zu merken.

Da hilft auch keine Tarifansage vor Beginn des Gesprächs. Sich davor zu schützen, kann aufwändig sein. Zum einen raten Experten, zum Stundenwechsel besser aufzulegen, wenn der kommende Tarif unbekannt ist.

Außerdem sollten Kunden die Anbieter längerfristig beobachten und bei jenen bleiben, die ihre Tarife kaum wechseln. Selbst wenn es nicht immer die günstigsten sind. Informieren können sich Verbraucher über die billigsten Tarife im Internet.

Tarifrechner im Internet

Von diesem Mittwoch an bietet die Süddeutsche Zeitung gemeinsam mit dem Dienstleister Biallo & Team einen Tarifrechner im Internet an.

Auf der Seite w.sueddeutsche.de/telefontarife können sich Verbraucher über die gerade günstigsten Anbieter informieren. Biallo aktualisiert die Tabellen zweimal täglich, morgens und mittags.

Wer nicht selbst nach den besten Angeboten suchen will, kann sich nach Anmeldung unter www.biallo.de von dem Dienstleister Informationen über drei gewünschte Tarifeinheiten kostenlos per E-Mail schicken lassen. Ändert sich die Hitliste der billigsten Anbieter, erhält der Kunde einmal pro Tag eine weitere Nachricht per E-Mail.

Neben Call-by-Call gibt es weitere Möglichkeiten, die Telefonrechnung niedrig zu halten.

Tarifmanager oft zu teuer

Mit einem Tarifmanager, so versprechen Konstrukteure und Verkäufer, wird automatisch der billigste Call-by-Call-Anbieter gesucht und vorgewählt.

Jedoch muss der Verbraucher darauf achten, wie oft die Daten aktualisiert werden. Manche Unternehmen füttern ihre Tarifmanager nur zweimal im Monat, Veränderungen in der Zwischenzeit werden nicht registriert. Außerdem kostet ein neuer Tarifmanager in der Regel zwischen 50 Euro (Analoganschluss) und 100 Euro (ISDN), aktualisiert wird gegen Gebühr.

"Das lohnt sich nur, wenn man normalerweise kein Call-by-Call wählt und eine Telefonrechnung in Höhe von mindestens 80 Euro im Monat hat", sagt Verbraucherschützerin Evelin Voß. In diesem Fall könne es aber eine "sehr bequeme Art" sein, Geld zu sparen.

Spartipp Preselection

Wer nicht vor jedem Anruf eine Vorwahl eingeben, aber dennoch nicht die Standard-Tarife der Deutschen Telekom bezahlen will, der kann sich die Vorwahl eines Anbieters voreinstellen lassen.

Das nennt sich "Preselection" und kann nach Rechnung der Verbraucherzentrale Sachsen "ungefähr die Hälfte der Gesprächskosten sparen". Der Kunde muss sich bei seinem neuen Anbieter anmelden, daraufhin wird der Anschluss dauerhaft umgestellt. Die Änderung kostet 5,11 Euro, was der neue Anbieter in der Regel per Gutschrift ausgleicht.

Die Grundgebühr geht weiterhin an die Deutsche Telekom, Call-by-Call ist möglich. Bei Preselection ist es umso wichtiger, dass sich der Kunde gut über den neuen Anbieter informiert, um keinen Preis-Trickser zu wählen. Die Kündigungsfrist für diese Verträge sollte höchstens einen Monat betragen.

Tücken des Komplettwechsels

Unternehmen mit eigenem Netz bieten einen Komplettwechsel des Telefonanschlusses weg von der Deutschen Telekom an. Hier geht auch die Grundgebühr an den neuen Anbieter.

"Das muss man sich aber reiflich überlegen", warnt Fritz Himmler, Experte des Mediendienstleisters Biallo & Team. Zunächst müsse der Kunde prüfen, ob die Kapazität im Netz des neuen Anbieters ausreichend groß ist.

Außerdem sei in der Regel kein Call-by-Call mehr möglich, was den Verbraucher an die Tarife des neuen Unternehmens bindet. Ein Vorteil ist, dass Festnetzgespräche mit einem anderen Kunden dieses Unternehmens meistens kostenlos sind.

© SZ vom 27.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: