Telekommunikation:Das Ende eines Branchen-Riesen

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Mit der Übernahme der US-Telekommunikationsfirma AT&T durch ihr ehemaliges Tochterunternehmen SBC geht eine Ära zu Ende. AT&T galt als einer der traditionsreichsten und größten amerikanischen Konzerne.

Die einstige Telefonmonopol-Gesellschaft American Telephone & Telegraph war 1875 entstanden, als der Telefonerfinder Alexander Graham Bell das unter dem Spitznamen "Ma Bell" (Mutter Bell) bekannte Unternehmen gegründet hatte.

Der US-Telekommunikations-konzern SBC hat seinen ehemaligen Mutterkonzern AT&T übernommen. (Foto: Foto: AP)

Hundert Jahre lange stellte AT&T als Monopolist mit Duldung Washingtons die Telefonversorgung des ganzen Landes sicher.

Dafür wuchs das Unternehmen stetig und vereinte unter einem Dach zahlreiche regionale "Bell-Telefongesellschaften", die Produktion von Telekomausrüstungen und das weltberühmte Forschungszentrum Bell Labs, das viele Nobelpreisträger hervor brachte.

Vom Monopolisten zum Winzling

Die AT&T-Aktionäre erhielten solide Dividenden. Die Aktien galten als so sicher, dass sie als Anteile für "Witwen und Waisen" empfohlen wurden.

Der große Einschnitt für "Ma Bell" kam 1984: Der Konzern mit einen US-Telefonmarktanteil von mehr als 90 Prozent und über einer Million Beschäftigten wurde aus kartellrechtlichen Gründen in sieben regionale Telefongesellschaften und in die Nachfolgefirma AT&Taufgespalten. AT&T bekam das damals lukrative Ferngesprächsgeschäft, die Telekomausrüstungs-Sparte und Bell Labs.

Seither ging es für AT&T steil abwärts und heute ist das Unternehmen vergleichsweise nur noch ein Winzling. Die ehemaligen Bell-Tochterfirmen, darunter auch die heutige SBC, sind nach mehreren Zusammenschlüssen inzwischen alle größer und stärker als AT&T.

Investitionen brachten Milliardenschulden

AT&T trennte sich von seinem Telekomausrüstungsgeschäft. Vor fünf Jahren blätterte der damalige Konzernchef C. Michael Armstrong 100 Milliarden Dollar hin, um Kabelfernsehsystem-Betreiber aufzukaufen, die einen Direktzugang zu den amerikanischen Endkunden brachten.

Der Plan scheiterte an Schulden von mehr als 60 Milliarden Dollar. AT&T trennte sich wieder von den Kabel-TV-Aktivitäten und verselbstständigte auch seine Mobilfunksparte AT&T Wireless. Das Unternehmen konzentrierte sich seither auf das Geschäft mit drei Millionen Unternehmenskunden und die Ferngesprächskunden, deren Zahl auf 24 Millionen geschrumpft ist.

Die AT&T Wireless wurde kürzlich von der Mobilfunkgesellschaft Cingular für 46 Milliarden Dollar übernommen, die zu 60 Prozent von SBC und zu 40 Prozent von der Telefongesellschaft Bell South kontrolliert wird. Cingular ist durch den Kauf der größte US-Mobilfunkanbieter mit 49 Millionen Kunden geworden.

SBC wächst rasant

Ganz im Gegensatz zu der traurigen AT&T-Geschichte hat SBC unter seinem Konzernchef Eward Whitacre Jr. mit dem Aufkauf großer Telefonunternehmen wie Ameritech, Southern New England und Pacific Telesis und der Bildung von Cingular ein rasantes Wachstum und solide Gewinne verbucht.

Das Unternehmen sitzt in San Antonio (Texas). Es firmierte ursprünglich als Southwestern Bell, wo Whitacre 1963 als Ingenieur angefangen hatte. Er machte SBC mit der AT&T-Übernahme jetzt zum führenden US-Telekomkonzern, der sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem im Osten der USA dominierenden Telefonriesen Verizon befindet.

Verizon könnte nach Wall-Street-Spekulationen jetzt an dem Telekom-Unternehmen MCI interessiert sein, um SBC Einhalt zu gebieten. Die erneute Konzentration im US-Telekommarkt läuft vor dem Hintergrund erbitterter Preiskämpfe, des Mobilfunk- und Internettelefonie-Siegeszugs und dem Vordringen der Kabelfernsehfirmen in den Telekom-Sektor.

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