Telekom-Prozess:Sommer: Telekom-Papier ist keine Volksaktie

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Das Papier der Deutschen Telekom war nach Auffassung des früheren Konzernchefs Ron Sommer nie eine Geldanlage für die breite Masse.

"Wir wollten damals weder mit den Begriff Volksaktie in einen Topf geworfen werden. Wir wollten ebensowenig mit den Unternehmen in einen Topf geworfen werden, die am Neuen Markt waren", sagte der inzwischen 58-jährige Sommer am Montag als Zeuge vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Telekom, Ron Sommer, wartet als Zeuge vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main auf den Beginn der Verhandlung. (Foto: Foto: AP)

"Wir waren stolz, als wir als High-Tech-Unternehmen abgebildet wurden." Das Papier habe die Schwankungen dieser Branche stets mitgemacht.

Sommer hat bei seiner Aussage die Vorwürfe zum Kauf des US-Mobilfunkunternehmens Voicestream zurückgewiesen. Der Telekom-Vorstand und der Aufsichtsrat hätten den Kauf von Voicestream erst Ende Juli 2000 beschlossen, der dritte Börsengang der Telekom dagegen sei bereits einen Monat zuvor im Juni 2000 erfolgt, sagte Sommer am Montag in Frankfurt am Main vor dem Oberlandesgericht.

Die knapp 17.000 Kläger werfen der Telekom dagegen vor, die Voicestream-Übernahme sei bereits vor dem Börsengang besiegelt gewesen. Laut Sommer habe sich die Telekom zu diesem Zeitpunkt jedoch auch in Verhandlungen mit anderen Unternehmen befunden.

Überteuerte Übernahme

Der Aufsichtsrat der Telekom habe der Übernahme von Voicestream erst am 23. Juli 2000 zugestimmt, sagte Sommer. Tags darauf habe die Telekom eine Pflichtmitteilung über den geplanten Zukauf verschickt. Zuvor habe die Telekom über mehrere Monate hinweg weltweit mit verschiedenen Telekommunikationsunternehmen über mögliche Übernahmen verhandelt. "Vor dem dritten Börsengang sind wir aber, insbesondere was Voicestream betrifft, zu keinem konkreten Ergebnis gekommen."

Die Übernahme des US-Unternehmens hatte die Telekom nach eigenen Angaben insgesamt rund 39 Milliarden Euro gekostet. Unter Börsen-Analystem galt die Übernahme als überteuert. Die Aktionäre machen den Kauf von Voicestream für den Kursverfall der T-Aktie verantwortlich.

Zwar habe die Telekom zu verschiedenen Zeitpunkten der Verhandlungen mit den Technologie-Unternehmen im Jahr 2000 unverbindliche Übernahme-Angebote mit teilweise sehr hohen Geldbeträgen abgegeben, sagte Sommer.

Auch sei es möglich, dass Informationen über diese Übernahme-Angebote in verschiedenen Medien veröffentlicht worden seien. Jedoch habe es sich zu keinem Zeitpunkt um den konkreten Abschluss eines Kaufvertrags gehandelt, betonte er.

Unverbindliche Angebote seien allen möglichen Übernahmekandidaten der Telekom gemacht worden. Die Telekom habe mit diesem "marktüblichen Verhalten" Verhandlungsgespräche am Laufen halten wollen.

Sommer verteidigt sich und seine Strategie

Sommer verteidigte bei der Zeugenvernehmung die Internationalisierungsstrategie der Telekom unter seiner Führung. "Die Telekom hatte sich sehr frühzeitig entschlossen, sich nicht nur vom deutschen Markt abhängig zu machen."

Der US-Mobilfunkmarkt hätte ein hervorragendes Wachstumspotenzial versprochen. Mit dem Zukauf von Voicestream und später auch des Unternehmens Powertel wäre es der Telekom möglich gewesen, zu einem transatlantischen Mobilfunk-Anbieter aufzusteigen.

Beiden Unternehmen unterhielten schon 2000 Netze mit dem europäischen GSM-Mobilfunkstandard. So habe man sein Geschäft problemlos auf die USA ausdehnen können.

Heute würden diese beiden Unternehmen unter dem Namen T-Mobile äußerst erfolgreich in den USA arbeiten, sagte Sommer.

Der Prozess gegen die Telekom am Oberlandesgericht Frankfurt hatte in der vergangenen Woche begonnen. Telekom-Verteidiger Bernd-Wilhelm Schmitz hatte zum Prozess-Auftakt einen Vergleich mit den knapp 17.000 klagenden Klein-Aktionären abgelehnt.

Im Mittelpunkt des Verfahrens mit Schadensersatzforderungen in Höhe von rund 79 Milliarden Euro steht der dritte Börsengang der Telekom im Jahr 2000. Sommer war am Montag als erster von insgesamt zwölf Zeugen in dem Verfahren geladen. Am Dienstag treten Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick und der frühere Aufsichtsratschef Karl-Dietrich Winkhaus in den Zeugenstand.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/mel/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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