Telefonwerbung:Kein Wildwest bei Werbeanrufen mehr?

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Ein Anruf, 50.000 Euro: Unerlaubte Telefonwerbung kann für die Unternehmen künftig teuer werden. Justizministerin Zypries will per Gesetz ein Bußgeld durchsetzen.

Jahel Mielke

"Möchten Sie eine Zeitung abonnieren, günstiger telefonieren und dazu noch die Chance auf einen Millionengewinn?" Solche Fragen am Telefon sind eigentlich verboten und doch werden nach einer Forsa-Umfrage 88 Prozent der Deutschen durch unlautere Telefonwerbung gestört. 64 Prozent der Befragten wurden in den letzten Monaten ohne Einwilligung angerufen.

Das Problem ist hierbei weniger die Belästigung als die Abzocke: Viele Bürger gehen mündlich Verträge ein oder stimmen telefonisch Dienstleistungen zu, teilweise ohne Widerrufsrecht.

Damit Verbraucher sich leichter von solchen Verträgen lösen und sich besser gegen unerlaubte Telefonwerbung schützen können, will Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen. Grundsätzlich ist Telefonwerbung ohne Einwilligung heute schon verboten.

Die Call-Center berufen sich jedoch oft auf generelle Zustimmungserklärungen aus Gewinnspielen oder fragen, ob man denn auch weiter über günstigere Angebote informiert werden wolle. Das soll in Zukunft nicht mehr ausreichen, um Verbraucher telefonisch zu umgarnen.

Bis zu 50.000 Euro Strafe

Im Gesetz soll stehen, dass Telefonwerbung "ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung" untersagt ist. Bei einem Verstoß sollen den Firmen bis zu 50.000 Euro Bußgeld drohen. Eine ähnliche Summe ist angedacht, falls Unternehmen gegen das geplante Verbot der Rufnummernunterdrückung verstoßen. Verbraucher sollen dadurch leichter herausfinden können, wer sie von wo aus anruft.

Stimmt man einem Zeitungsabonnement oder einem Lottoangebot am Telefon zu, hat man nach jetziger Gesetzeslage keine Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten. Ministerin Zypries will ein 14-tägiges Widerrufsrecht und eine schriftliche Belehrung darüber gesetzlich verankern. Bei Zeitungen soll man zwei Wochen, nachdem das erste Exemplar angekommen ist, zurücktreten dürfen. Erfolgt die Belehrung erst nach Vertragsschluss, hat der Verbraucher einen Monat Zeit dafür.

"Diese Regelung schafft einen Ausgleich zwischen Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen", sagte Zypries am Mittwoch in Berlin. Verbraucherschützer hatten weitergehende Regelungen gefordert. Verträge am Telefon sollten erst nach anschließender schriftlicher Bestätigung gelten. Nur das könne einen wirkungsvollen Schutz sicherstellen, erklärte der Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Klaus Müller.

Zypries hält das für "juristisch schwierig." In vielen Fällen wollten Verbraucher angerufen werden. Sicher habe auch niemand Lust, die bestellte Pizza erst schriftlich zu bestätigen. Der Gesetzentwurf habe das Ziel, unerwünschte Telefonwerbung einzudämmen, aber ohne Bürokratisierung.

Die Verbraucherzentrale NRW ist unzufrieden: Besonders ältere und hilflose Menschen müssten "die Zeche dafür zahlen, dass das Bundesjustizministerium Wildwest bei Werbeanrufen nur halbherzig stoppen möchte", kritisierte Müller. Das Gesetz soll Mitte 2008 in Kraft treten.

© SZ vom 13.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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