Telefon-Dienstleister:Bei Anruf Geld

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Die neuen 0900-Nummern bieten mehr Serviceleistungen, und die aus einer Hand. Trotzdem bleibt das Geschäft von Telefon-Dienstleistern wie Tele 2 zäh.

Stefan Bottler

Viele Wege führen bisher zu Tele 2: Für ratlose Telefonkunden gibt es eine 0180-Hotline, Internet-Nutzer tippen eine 0800-Nummer in den Apparat, und technischer Support wird auf einem 0190-Portal angeboten. Damit nicht genug, schaltete Tele 2 unterschiedliche Nummern für Geschäfts- und Privatkunden. "Wir wenden uns an den Massenmarkt", stöhnt Michael Stinner, Geschäftsführer in der Düsseldorfer Tele2-Deutschland-Zentrale. "Entsprechend groß ist der Werbeaufwand auf allen Kanälen."

Auch bei nur einem Anbieter ist der Wust an unterschiedlichen Telefon-Dienstleistungen recht unübersichtlich. (Foto: Foto: w&v)

Noch - denn jetzt glaubt Tele 2 eine Lösung gefunden zu haben. Zur Vermarktung der neuen DSL-Flatrate für magere 3,95 Euro im Monat entschied sich Stinner für eine 0900-Nummer, die der Mainzer Servicenummern-Anbieter DTMS eingerichtet hat.

Alle Optionen

Ein Auswahldialog bietet dem Breitband-Interessenten alle Optionen. Bestellungen sind umsonst, technischer Support kostet 99 Cent pro Minute, sonstige Anfragen zwölf Cent. Langfristig möchte Stinner auch Hilfe für Telefon- und Internet-Kunden über die 0900-Nummer abwickeln.

Schon jetzt schwärmt er von der niedrigen Reklamationsquote auf der neuen Hotline. "Die Kunden sind zufriedener, weil wir ihnen vor jedem Service genau mitteilen, was es kostet", sagt der Tele 2-Manager. Als Nächstes möchte er einen Nulltarif für die Warteschleifen einführen.

Mit PRD auf Kundenfang

Mit Referenzadressen wie Tele 2 gehen die Anbieter von so genannten Premium-Rate-Diensten (PRD) auf Kundenfang. Außer DTMS zählen dazu die Telekom-Tochter T-Com und weitere private Netzbetreiber wie In-Telegence in Köln oder der Freenet-Ableger Next ID in Düsseldorf (vormals Talkline).

PRD umschreibt Telekommunikationsservices, die über den eigentlichen Telefonanruf hinaus zusätzliche kostenpflichtige Dienstleistungen enthalten. Das Spektrum reicht von Rechtsberatung über technische Helpdesks bis zu virtuellen Wettbüros und Erotik-Hotlines.

Seit Anfang 2006 stehen dafür exklusiv die 0900-Rufnummern zur Verfügung. Sie lösen die 0190-Portale ab, die als Kostenfallen in Verruf geraten sind und seit Januar dieses Jahres nicht mehr vergeben werden. In den Augen der Netzbetreiber ist die neue Ziffernkombination weit mehr als nur ein Nachfolger.

A-, B- und C-Kunden

"Mit 0900 können A-, B- und C-Kunden unterschiedlich abgerechnet werden", wirbt etwa Christian Plätke, Geschäftsführer von In-Telegence. Langfristig könne 0900 die übrigen Servicenummern wie 0180 oder 0800 ersetzen. "Wenn 0900 auf Basis von interaktiven Sprachplattformen mit automatisierten Self Services kombiniert wird, werden Kosten gespart, Umsätze erhöht und Mitarbeiter motiviert", verspricht vollmundig Steffen Graf, Marketingchef von Next ID.

Da auch andere Länder demnächst die 0190 ablösen, könnten die Premium-Rates sogar dem internationalen Marketing nützen. Vorausgesetzt, die Europäische Union schafft entsprechende Rahmenbedingungen, wären dann länderübergreifende 0900-Portale möglich.

Das allerdings ist noch Zukunftsmusik. Viele 0900-Nutzer scheuen derzeit selbst vor nationalen Einheitsnummern zurück und halten an ihrem Wirrwarr von 0800- und 0180-Angeboten fest. Auch Tele 2 will keinen Zeitpunkt nennen, zu dem die bisheri-gen Servicenummern auslaufen sollen. "Der Markt ist hierfür noch nicht reif", sagt Stinner.

Heißes Eisen angepackt

Konkurrent Mobilcom hat das heiße Eisen hingegen angepackt und in Flyern, Rechnungsbeilegern und Newslettern über die bevorstehende Neuerung informiert. Ende Mai will der Telekommunikationsanbieter aus Büdelsdorf alle Kundenanrufe auf einer 0900 bündeln.

"Die Premium-Rate ist beim Verbraucher noch nicht angekommen", bleibt Wolfram Rink, bis vor kurzem Service-Manager von Mobilcom, skeptisch. "Viele Kunden verstehen nicht, warum wir für die einzelnen Services unterschiedliche Tarife berechnen."

Bereits weiter ist die Haufe-Mediengruppe in Freiburg. Seit September 2005 kontaktieren Anwender der Buchhaltungs-Software Lexware die knapp 20 Mitarbeiter im Servicezentrum über eine 0900. Die rund 80000 Anrufer im Monat wünschen vor allem technischen Support: Der ist mit 1,99 Euro in der Minute nur unwesentlich teurer geworden. "Unsere Kommunikation konzentrierte sich auf ein Mailing in Millionenauflage", blickt Daniel Hermann, Geschäftsführer des Haufe Service Centers, zurück.

Mehrere Tausend Nummer freigeschaltet

Jeweils mehrere Tausend 0900-Rufnummern haben die Netzbetreiber laut eigener Aussage bisher freigeschaltet. Call-Center, Telekommunikationsunternehmen und IT-Anbieter überwiegen, aber auch Einzelhandel und Unterhaltungsanbieter wählen die 0900.

"Wir wenden uns vor allem an Unternehmen im Massenmarkt", sagt Wendelin Meyer-Mölck, Geschäftsführer von DTMS. Das setzt aufgeklärte Verbraucher voraus - daher die enormen Investments in PR für Publikums- und Fachpresse. Vor allem DTMS und In-Telegence setzten hier Akzente: Die erbitterten Konkurrenten tingelten 2005 sogar auf einer gemeinsamen Roadshow durch Deutschland.

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