Tchibo:Kredite beim Kaffeeröster

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Neben Reisen, Versicherungen und der Riester-Rente offeriert der Einzelhändler seit Anfang September 2003 auch Ratenkredite - offenbar nicht ohne Erfolg.

Von Thomas Öchsner

(SZ vom 26.11.03) — Sie sind endlich fündig geworden: das wunderschöne Möbelstück, die Traumreise oder einfach die längst überfällige Renovierung. Sie wollen sich diesen Wunsch direkt erfüllen?

Kein Zweifel, hier haben Werbetexter um Worte gerungen, um Lust auf ein schöneres Leben auf Pump zu wecken.

Diesmal handelt es sich jedoch nicht um eine Bank, die neue Kunden umgarnt, sondern um den Kaffeeröster Tchibo. Neben Reisen, Versicherungen und der Riester-Rente offeriert der Einzelhändler seit Anfang September 2003 auch Ratenkredite - offenbar nicht ohne Erfolg.

Bisher nur Testangebot

Bisher ist das Angebot lediglich ein Test. Nur in einigen Regionen Deutschlands liegen in den Tchibo-Filialen Faltblätter über den "Clever-Credit" und den "Extra-Dispo" aus.

Außerdem kann sich der Kunde im Internet über die Konditionen informieren. Die Resonanz der Kunden bezeichnet eine Sprecherin des Unternehmens aber schon jetzt als "sehr gut".

Keine Zahlen

Konkrete Zahlen nennt sie nicht. Wie viele Kunden bisher einen Vertrag unterzeichnet haben, will Tchibo vorerst für sich behalten. Sicher ist jedoch: "Zum Jahreswechsel werden wir die Ergebnisse auswerten, und sollten sich unsere Erwartungen erfüllen, werden wir das Angebot bundesweit ausdehnen", sagt die Tchibo-Sprecherin.

Die Kredite gibt es natürlich nicht von Tchibo direkt. Der Kaffeeröster arbeitet mit einer deutschen Tochter der Royal Bank of Scotland (RBS) zusammen, der zweitgrößten Bank Europas und die Nummer fünf weltweit. Für das Institut, das noch keine Filialkette in Deutschland hat und als sehr expansionshungrig gilt, dürfte Tchibo ein ideales Sprungbrett sein, um Fuß auf dem deutschen Markt zu fassen.

Gut besuchte Filialen

Schließlich kann der Kaffeeröster in ganz Deutschland etwa 250 meist gut besuchte Filialen als Vertriebskanal anbieten. Da könnten deutsche Großbanken richtig neidisch werden, die sich derzeit heftig bemühen, mit dem Otto-Normal-Verbraucher wieder Geld zu verdienen und neue Vertriebsquellen zu erschließen.

Von den in Großbritannien üblichen Zinsmargen, also der Differenz bei den Zinsen für erspartes und ausgeliehenes Geld, kann die schottische RBS in Deutschland allerdings nur träumen. Während auf der Insel zum Beispiel für einen Dispokredit locker 15 Prozent und mehr fällig sind, muss sich die Bank hierzulande mit deutlich weniger zufrieden geben.

Beim so genannten "Clever-Credit" verlangt die Royal Bank of Scotland zum Beispiel bei einem Betrag von 7500 Euro, zahlbar in 48 Raten, einen effektiven Jahreszins von 8,8 Prozent. Tchibos Werbetexter nennen dies eine "Spitzenleistung zum fairen Preis" und meinen auf der Homepage des Unternehmens "Bei Tchibo kostet selbst das Geld weniger".

Angebote vergleichen

Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus: Bei 8,8 Prozent gibt's das Geld tatsächlich durchaus günstiger als bei mancher Großbank. Aber mehr als ein Dutzend Institute rücken derzeit Ratenkredite für einen Zinssatz von teilweise weit unter acht Prozent heraus. Thomas Bieler, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, rät deshalb den Kunden, "Angebote zu vergleichen und genau hinzuschauen".

Das gilt auch für die zweite Offerte von Tchibo, dem "Extra-Dispo". Dabei erhalten die Kunden einen gewünschten Betrag zwischen 250 und 5000 Euro, den sie sich auf das Girokonto bei ihrer Hausbank überweisen lassen und flexibel zurückzahlen können. Tchibo wirbt hierfür mit dem Slogan "Billiger als die Bank erlaubt!"

Doch bei einem jährlichen Effektiv-Zinssatz von 10,9 Prozent gehört das Angebot nicht gerade zu den günstigsten. Und Bieler merkt kritisch an: "Wer seinen Dispo bei der Hausbank bereits ausgeschöpft hat und sich auf diesem Weg noch zusätzlich Geld besorgt, gerät schnell in die Schuldenfalle."

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