Tarifverhandlungen:Lufthansa-Chef warnt die Gewerkschaften

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Wolfgang Mayrhuber schlägt Alarm. Ohne Einigung im Tarifstreit werde es keine Investitionen geben. Die Lohnkosten müssten sinken, sonst werde die Airline Flüge an Partner vergeben, sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Von Sibylle Haas

Seit über einem Jahr laufen bei Lufthansa Tarifverhandlungen für etwa 55.000 Mitarbeiter - bisher ohne Ergebnis. Fast 30 offizielle Verhandlungsrunden mit den drei zuständigen Gewerkschaften haben stattgefunden.

Auch um die Mitarbeiter am Check-In geht es in den Tarifverhandlungen. (Foto: Foto: dpa)

Es geht um die Beschäftigten am Boden (etwa in der Verwaltung, der Technik und am Check-In), in der Kabine (Flugbegleiter) und im Cockpit (Piloten und Flugingenieure). Ein echter Durchbruch wurde bislang nur in einigen Bereich erzielt, so etwa bei der Cateringtochter LSG.

"Wir haben uns angenähert, aber wir sind noch immer nicht weit genug gekommen", sagt Mayrhuber im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Ich brauche endlich ein Ergebnis, denn wir wollen in Kurzstrecken-Flugzeuge investieren", betont er.

Ohne Einigung über Tarife keine Investitionen

"Ich kann aber nicht investieren, wenn ich die Rahmenbedingungen dafür nicht kenne", erklärt Mayrhuber sein Drängen. "Die Uhr steht auf dem Verhandlungstisch", formuliert er und betont, dass die Fluggesellschaft bei einem unzureichenden Tarifergebnis stagnieren und Aufgaben fremd vergeben müsse.

"Das wäre schade. Denn wir haben eine starke Marke, Kundenzulauf, eine gute Liquidität, und die Konkurrenz schwächelt", sagt er.

Der Konzernchef schließt nicht aus, dass Lufthansa zusätzliche Flüge auf die Partner, etwa im Luftfahrt-Verbund Star Alliance, verlagern wird, wenn die "notwendige Personalkostensenkung" nicht erreicht wird. Dies bedeute dann, dass Wachstum nicht bei Lufthansa selbst, sondern woanders stattfinden werde.

"Wichtig ist, dass die Anschlussflüge für unsere Kunden gewährleistet sind, und in Kooperation mit unseren Partnern ist das möglich", sagt Mayrhuber.

Verdi-Vorstand verärgert

Ähnliche Äußerungen hatten kürzlich die Gewerkschaft Verdi sehr verärgert. Angesichts der Probleme von Lufthansa sei bereits die vereinbarte Auszahlung einer Ergebnisbeteiligung zurückgestellt worden, hieß es.

"Zugeständnisse dieser Art sind aber kein Einfallstor für weitere Erpressungsversuche", hatte Verdi-Bundesvorstand Jan Kahmann die "Drohungen von Lufthansa-Vorstand Wolfgang Mayrhuber, Arbeitsplätze in Partnergesellschaften auszulagern" kommentiert.

Dieser weist den Vorwurf zurück. "Ich habe nicht gedroht. Ich stehe zu den Lufthanseaten und ich will, dass das Unternehmen wächst. Aber es muss profitables Wachstum sein."

Streit um Germanwings und Thomas Cook

Das Dilemma des Konzerns liegt beim Billigflieger Germanwings, der zu Eurowings gehört. Lufthansa ist mit 49 Prozent an Eurowings beteiligt. Deshalb fordert die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), die Germanwings-Piloten in den Konzern-Tarifvertrag der Lufthansa zu integrieren.

Das dürfte nicht so einfach sein, weil Germanwings nur indirekt zu Lufthansa gehört, meinen Tarifexperten. Mayrhuber will sich zu diesem Punkt nicht äußern. Ein von der Gewerkschaft VC gewünschtes Spitzengespräch soll einen Konsens bringen.

An dem Konsens hängt für VC auch die Tarifeinigung für den Ferienflieger Condor. Dieser gehört zum Touristikkonzern Thomas Cook, an dem Lufthansa zur Hälfte beteiligt ist.

Dem Vernehmen nach haben sich der Cook-Vorstand und die Pilotengewerkschaft längst auf ein Sparpaket für Condor geeinigt. Doch die Unterschriften stehen noch aus, weil die Gewerkschaft ihr Plazet vom Tarifergebnis beim Lufthansa-Konzern abhängig macht.

Auch Verdi wartet ihrerseits auf das Ergebnis für die Lufthansa-Piloten. Diese hatten bei den vorigen Tarifverhandlungen besser abgeschnitten als die von Verdi vertretenen Mitarbeiter.

"Mehr Arbeit für das gleiche Geld"

Der eigentliche Knackpunkt sei aber, dass Lufthansa den Tarifabschluss mehr als bisher an den wirtschaftlichen Erfordernissen der jeweiligen Geschäftsfelder ausrichten will, sagt Verdi-Verhandlungsführer Steffen Kühhirt zur SZ. Dies mache die Gespräche so schwierig.

Lufthansa will bis 2006 etwa 1,2 Milliarden Euro eingespart haben, davon etwa 300 Millionen Euro im Personalbereich. Von ihrem Ziel, in diesem Jahr die Personalkosten um 105 Millionen Euro zu senken, sei Lufthansa aber wegen der zähen Tarifverhandlungen noch weit entfernt. Nur knapp die Hälfte davon sei realisiert, sagt Mayrhuber.

Der Lufthansa-Chef fordert von den Beschäftigten mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten und Einsatzplänen. Ziel ist, den Europaverkehr produktiver zu machen und ihn gegenüber den Billigfliegern zu stärken. Die Devise lautet: "Mehr Arbeit für das gleiche Geld".

Weniger Lohn für Neueinsteiger

Zudem sollen die Einstiegsgehälter für neue Mitarbeiter sinken. "Wenn sich die Marktpreise geändert haben, dann möchte ich neue Mitarbeiter zu den veränderten Bedingungen einstellen können", sagt der LH-Chef.

Eine Gefährdung des sozialen Friedens wegen der niedrigeren Einstiegsgehälter sieht er nicht. Wer als Neueinsteiger die Bedingungen akzeptiere, dürfe nicht hinterher damit unzufrieden sein.

"Die Bedingungen sind fair", sagt Mayrhuber dazu. "Sie sichern bestehende Arbeitsplätze und sie schaffen neue."

© SZ vom 25.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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