Tarifverhandlungen bei der Bahn:"Streik in der ersten Juliwoche nicht mehr abzuwenden"

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Die Lokführer der Bahn wollen für das Fahrpersonal einen eigenen Tarifvertrag durchsetzen. Weil das Bahn-Management davon nichts hören will, stehen die Zeichen nun auf Streik.

Bahnchef Hartmut Mehdorn gab am Dienstag zu Beginn der ersten Runde der Tarifverhandlungen für 134.000 Arbeitnehmer zwar die Marschroute aus, "streikfrei ans Ziel" zu kommen.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kündigte aber Streiks für die erste Juliwoche an. Die Friedenspflicht endet am 30. Juni.

Der Bahnchef wies die Tarifforderung der Gewerkschaften von sieben Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr Lohn als "extrem hoch" zurück.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, erklärte, nach der Sanierung der Bahnbilanzen sollten nun auch die Arbeitnehmerhaushalte eine positive Bilanz aufweisen können.

"Hohe Priorität" für 150-Euro-Forderung

Angesichts der Niedriglohndebatte in Deutschland habe besonders die 150-Euro-Forderung "hohe Priorität" in den Verhandlungen.

Mehdorn sagte, es seien "die höchsten Angebote, die in dieser Tarifrunde überhaupt über den Tisch gegangen" seien.

Die GDL, die an der Tarifrunde nicht teilnimmt, sondern einen eigenen Spartentarifvertrag fordert, erklärte in Frankfurt, "Streik in der 1. Juliwoche (ist) nicht mehr abzuwenden".

Schuld daran sei die Deutsche Bahn, weil sie sich seit März strikt weigere, einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal zu verhandeln. Die GDL hat für einige Lohngruppen Steigerungen bis zu 31 Prozent verlangt.

Kaum vertreten

Vor Gericht strittig ist, ob sie das Recht auf eigene Tarifverhandlungen hat. Zwar sind rund 60 Prozent der 20.000 Lokführer in ihr organisiert, aber nur knapp über zehn Prozent des übrigen Zugpersonals. In allen anderen Berufsgruppen der Bahn ist die GDL kaum vertreten.

Der Vorsitzende der mit der Transnet in einer Tarifgemeinschaft zusammengeschlossenen GDBA, Klaus-Dieter Hommel, bezeichnete die Aussagen der Konzernspitze, die Forderungen seien zu hoch, als "Diffamierung". Die Gewerkschaften erwarteten ein Angebot der Arbeitgeberseite.

Deren Verhandlungsführer Werner Bayreuther hatte allerdings bereits am Vortag deutlich gemacht, dass es in der ersten Runde kein Angebot geben werde. Die Bahn steht auf dem Standpunkt, dass die erwirtschafteten Gewinne in die Entschuldung des Konzerns und die Wettbewerbsfähigkeit fließen müssten.

Außerdem sei das Lohnniveau bei der immer zahlreicher werdenden Konkurrenz auf der Schiene zwischen 16 und 25 Prozent niedriger als bei der Bahn AG.

"Die Kirche muss im Dorf bleiben"

Mehdorn gab gleichwohl zu erkennen, dass er mit dem Abschluss "eine zufriedene Belegschaft" haben wolle. "Aber die Kirche muss im Dorf bleiben."

Mit einem Ergebnis wurde in der ersten Runde nicht gerechnet. Im Anschluss an die Verhandlungen wollten sich rund 1.000 Gewerkschafter zu einer Kundgebung vor der Berliner Bahnzentrale am Potsdamer Platz einfinden.

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