Tarifstreit bei der Bahn:GDL droht mit beispielloser Streikwelle

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Die Lokführer-Gewerkschaft GDL zeigt sich von dem Druck aus Politik und Wirtschaft unbeeindruckt: Manfred Schell fordert vom Bahn-Vorstand bis Montag ein neues Angebot. Sollte dies ausbleiben, droht er, ab Mitte der Woche den gesamten Bahnverkehr lahmzulegen.

Nach dem Streik ist vor dem Streik: Trotz wachsenden Drucks aus Politik und Wirtschaft droht die Lokführer-Gewerkschaft, ab Mitte der Woche den gesamten deutschen Bahnverkehr lahmzulegen. GDL-Chef Manfred Schell bezeichnete den jüngsten 42-Stunden-Ausstand im Güterverkehr als großen Erfolg und setzte ein neues Ultimatum: Bis Montag habe die Konzern-Führung Zeit, ein neues Angebot vorzulegen.

"Wenn der Bahn die Kunden nicht völlig egal sind, sollte sie dies tun", sagte Schell. Bleibt das Angebot aus, steht Deutschland eine beispiellose Streikwelle im Fern-, Nah- und Güterverkehr bevor. Am Montag oder Dienstag will der GDL-Vorstand über die Fortsetzung des Arbeitskampfes beraten. Nach Agentur-Informationen ist ein Streikbeginn vor Mittwoch aber unwahrscheinlich.

Angesichts der Streikserie schaltete sich die Politik am Wochenende verstärkt in den Tarifkonflikt ein. Union und SPD warnten vor einer Bedrohung des wirtschaftlichen Aufschwungs und des Tarifgefüges in Deutschland.

Die Sozialdemokraten stellten sich klar auf die Seite der Bahn. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte der Bild am Sonntag, der robuste Aufschwung sei ohnehin schon durch einen hohen Ölpreis und einen starken Euro belastet: "In dieser Situation ist ein Streik, der den Güterverkehr stark behindert, Gift für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung."

SPD-Chef Kurt Beck forderte ebenso wie SPD-Fraktionschef Peter Struck die Bahn-Führung auf, im Tarifkonflikt hart zu bleiben: "Ein Betrieb, ein Tarifvertrag - das hat Stabilität gegeben, und es hat davor bewahrt, dass jede Spezialgruppe eigene Regelungen erzwungen hat", sagte er in der ARD.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) appellierte an die Konfliktparteien, wieder miteinander zu reden. Der Bund könne sich zwar nicht aktiv einmischen, wolle aber auf eine "sachliche Form der Auseinandersetzung" dringen, sagte der SPD-Politiker der Leipziger Volkszeitung.

Brunnhuber: "Auf uns kommt eine schwierige Woche zu"

Im 42-Stunden-Streik im Güterverkehr, der am Samstag um 06.00 Uhr endete, standen zuletzt fast alle Güterzüge still. Bei der GDL hieß es, 2.600 streikende Lokführer hätten weit mehr als 1.300 Züge gestoppt. Die Bahn sprach von "definitiv weniger" ausgefallenen Zügen und lediglich 1.500 Streikenden.

Zu einem Produktionsstillstand sei es aber bei keinem der Bahn-Kunden gekommen: "Versorgungsrelevante Züge sind gerollt", sagte Transport-Vorstand Norbert Bensel. Der volkswirtschaftliche Schaden sei aber immens.

Die Metallindustrie warnte vor den Folgen längerer Arbeitsniederlungen: "In der Metall- und Elektroindustrie treten meist schon nach drei Tagen ohne Lieferungen Materialverknappungen auf, speziell in der jetzigen Phase weltweiter Warenengpässe", sagte der Gesamtmetall-Chef Martin Kannegießer.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält bei weiteren Streiks noch höhere Treibstoffpreise für möglich.

Die Bahn AG richtet sich derweil auf eine Eskalation im Arbeitskampf ein. "Auf uns kommt eine schwierige Woche zu. Ich gehe davon aus, dass die Streiks ausgeweitet werden", sagte Aufsichtsrat Georg Brunnhuber der Bild am Sonntag. Er wolle die Einberufung eines Schlichters vorschlagen. Derweil signalisierte GDL-Vize Günter Kinscher in hr-info Zustimmung zu Überlegungen, die Lokführer in eine eigene Service-GmbH auszugliedern.

Zu weiteren Streiks auf der Schiene könnte der Konflikt um die Bahn-Privatisierung führen: Die Gewerkschaft Transnet wolle notfalls alles tun, um den Beschäftigungssicherungstarifvertrag zu erhalten, sagte Sprecher Michael Klein.

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