Tarifkonflikt bei der Bahn:62 Stunden Stillstand

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Mit einer nie dagewesenen Streikwelle im gesamten deutschen Zugverkehr will die Lokführergewerkschaft GDL die Bahn im festgefahrenen Tarifstreit zum Einlenken zwingen.

Der auf 62 Stunden angelegte Arbeitskampf soll an diesem Mittwoch um 12 Uhr im Güterverkehr beginnen und von Donnerstag 2 Uhr an bundesweit auf Nah- und Fernzüge sowie die S-Bahnen ausgeweitet werden, wie der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Manfred Schell am Dienstag in Frankfurt ankündigte.

Enden sollen die Arbeitsniederlegungen am Samstagmorgen um 2 Uhr. Der Konzern sprach vom größten Streik seiner Unternehmensgeschichte.

Trotz Millionenschäden durch die bisherigen Streiks habe die Bahn noch immer kein "tragfähiges Angebot" vorgelegt, begründete Schell das massive Vorgehen der GDL.

Geheimtreffen ohne Erfolg

Er verwies darauf, dass die nun angekündigten Aktionen auch nicht mehr kurzfristig vermieden werden könnten. Zudem drohte er bereits mit einer weiteren Eskalation: Wenn auch die neuen Streiks nicht zum Erfolg führten, werde der GDL-Vorstand nicht umhinkommen, einem zunehmenden Drängen der Mitglieder zu unbefristeten Streiks nachzugeben. Schell betonte, die GDL habe noch genug Geld für weitere Arbeitskämpfe in ihrer Kasse. Ein GDL-Mitglied im Ausstand bekommt nach Angaben der Gewerkschaft täglich 48 Euro Streikgeld.

Auch ein geheimes Spitzengespräch zwischen Schell und Bahnchef Hartmut Mehdorn am Montagnachmittag hatte keine Bewegung in den seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt gebracht.

Schell betonte: "Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass das, was die GDL will - nämlich schlicht und einfach ein Ergebnis auf Grundlage des Moderatorenergebnisses - erzielbar und erreichbar und für die Bahn und damit auch für die deutsche Volkswirtschaft absolut vertretbar ist."

Die Moderatoren Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf hatten Ende August einen Lösungsweg für einen eigenständigen Tarifvertrag abgesteckt, der sich aber "konflikt- und widerspruchsfrei" in das gesamte Tarifgefüge der Bahn einfügen solle.

Die Gewerkschaft fordert neben dem eigenständigen Tarifvertrag bis zu 31 Prozent mehr Geld. Schell zeigte sich in der Frage der Bezahlung erneut kompromissbereit: "Die ganze Republik weiß, dass 31 Prozent nie zum Tragen kommen."

Hamburger Hafen in Sorge

Das jüngste Angebot der Bahn von Mitte Oktober enthält außer einer Einkommenserhöhung von 4,5 Prozent und 600 Euro Einmalzahlung zusätzliche Verdienstmöglichkeiten durch Mehrarbeit und günstigere Dienstpläne. Diese Vorschläge hatte die GDL bereits mehrfach als unzureichend abgelehnt.

Mit ihrer sturen Haltung habe die Bahn "mehr volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet als das Mehr, was wir uns erhoffen", kritisierte Schell. Der Bahn-Vorstand beriet am Dienstag über den Tarifkonflikt.

Angaben dazu, ob im Personenverkehr zur Milderung der Streikfolgen erneut Notfahrpläne eingerichtet werden sollen, wurden zunächst nicht gemacht. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) rief beide Seiten zum wiederholten Mal auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sie müssten sich "der hohen Verantwortung für die Volkswirtschaft bewusst sein".

Die Unternehmen im Hamburger Hafen rechnen während des erneuten Streiks im Güterverkehr mit stärkeren Beeinträchtigungen als beim Arbeitskampf vor einer Woche. "Wir hoffen, erneut glimpflich davonzukommen, aber es wird schwieriger", sagte der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, Norman Zurke.

Wegen des vorherigen Streiks seien etliche Container aufgelaufen, die noch nicht weitertransportiert werden konnten. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zeigte sich besorgt über die Gefahr längerer und flächendeckender Streiks. Vor allem Steinkohlekraftwerke würden per Schiene beliefert. Jedes Kraftwerk habe gewisse Vorräte, die teils mehrere Wochen, teils aber auch nur einige Tage vorhielten.

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