Tarif XXL:Kostenlos telefonieren auch am Samstag

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Die Telekom hat einen Sieg errungen. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hat ihr genehmigt, dass Sie von Oktober an neue Sondertarife anbieten darf. Die Konkurrenten sehen darin einen "herben Rückschlag für den Wettbewerb" und prüfen gerichtliche Schritte.

Von Judith Raupp

(SZ vom 04.09.03) - Noch vor der offiziellen Stellungnahme der Regulierungsbehörde verkündete die Deutsche Telekom am Mittwochmorgen ihre neuen Tarife. Danach können ihre Kunden, wie bisher an Sonn- und Feiertagen, zusätzlich nun auch an Samstagen umsonst innerhalb Deutschlands telefonieren (XXL-Tarif).

Zur monatlichen Grundgebühr müssen sie dafür einen Aufpreis von 9,22 Euro bezahlen. Gegen eine Zusatzgebühr von 4,22 Euro erhalten die Kunden in einem weiteren Sondertarif zwei freie Gesprächsstunden im Monat (Calltime-120-Tarif).

Ein Telekom-Sprecher begrüßte die Erlaubnis der RegTP. Derzeit nutzten bereits elf Millionen Kunden Sondertarife des Bonner Konzerns. Das Marktpotenzial der neuen Dienste und die Auswirkungen auf die Gewinnmarge wollte der Sprecher nicht beziffern. Man werde die neue Offerte "so wie unsere bisherigen Angebote" bewerben, betonte er.

Ordnungsgemäß mitgeteilt

Dass die Telekom der RegTP mit der Veröffentlichung zuvor gekommen ist, erklärte ein Behördensprecher mit "Interviews, die wir am Morgen noch führen mussten". Der Telekom habe man die Entscheidung ordnungsgemäß am Dienstagabend mitgeteilt.

Die RegTP betonte, dass die Telekom Auflagen erhalte. So müsse sie ihren Sondertarif-Kunden erlauben, über festeingestellte Vorwahlnummern (Preselection) oder vor jedem Gespräch zu wählende Nummern (Call-by-Call) Angebote der Konkurrenz zu nutzen. Die Telekom wollte ursprünglich ein Preselection-Verbot durchsetzen.

Zudem seien die Tarife nur zeitlich befristet genehmigt - bis 30. Juni 2004 (XXL) und bis 31. März 2005 (calltime); außerdem müsse der Konzern der RegTP monatlich über die Nutzung berichten.

Die Behörde teile die Sorge der Telekom-Wettbewerber, dass die neuen Tarife eine "nicht unerhebliche Sogwirkung" ausüben könnten. Dies sei aber kein ökonomisches Problem, sondern ein Problem der Werbung.

Werbemacht der Telekom

Die Konkurrenten der Telekom sehen das anders. "Hinter der Telekom steckt eine derartig große Werbemacht. Da können wir nicht mithalten", kritisieren Jürgen Grützner und Rainer Lüddemann, die Geschäftsführer der Branchenverbände VATM und Breko.

Viele Kunden registrierten nur, dass das Telefonieren an den Wochenenden bei der Telekom umsonst sei und rechneten nicht nach, ob sich das gesamte Angebot mit der höheren Grundgebühr lohne.

Die neuen Tarife der Telekom richteten sich klar gegen den eben erst eröffneten Wettbewerb im Ortsnetz. Seit kurzem sind für Stadtgespräche Preselection und Call-by-Call erlaubt.

Empörung über Entscheidung

Eine Sprecherin der Telefongesellschaft Arcor, der größten Telekom-Konkurrentin im Privatkundengeschäft, zeigte sich empört über die RegTP-Entscheidung: "Man könnte dahinter eine Verneigung vor dem Telekom-Großaktionär Bund vermuten".

Arcor erwäge nun, vor Gericht zu ziehen. Man werde klären, ob es sich bei den neuen Tarifen um eine missbräuchliche Marktausnutzung handele.

Nach sechs Jahren Marktöffnung hat die Deutsche Telekom bundesweit noch einen Marktanteil von 75 Prozent, allein im Ortsnetz-Geschäft immer noch mehr als 80 Prozent. Vor wenigen Tagen hat Telekom-Vorstandsmitglied Josef Brauner angekündigt, dass der Bonner Konzern im Ortsnetz auf Grund des neuen Wettbewerbs bis zum Jahresende 20 Prozent Marktanteil einbüßen werde.

Michael Bobrowski vom Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte, dass die RegTP nicht alle Aspekte des Marktes betrachte.

"Einseitige Bevorzugung"

Solange die Wettbewerber bei der Telekom Vorleistungen nicht zu einem konkurrenzfähigen Preis beziehen könnten, seien Entscheidungen wie die Genehmigung des XXL-Tarifs eine "einseitige Bevorzugung" des Bonner Konzerns. Weil die Konkurrenten kein flächendeckendes Telefonnetz besitzen, müssen sie Leitungen bei der Telekom mieten.

Bobrowski empfiehlt den Kunden zudem, die neue Tarife sorgfältig mit den Preselection- und Call-by-Call-Angeboten zu vergleichen. Diese seien je nach Telefonverhalten billiger.

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