Tabaksteuer:Schachtel Zigaretten wird um einen Euro teurer

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Zur Sanierung des Gesundheitswesens will die rot-grüne Bundesregierung die Raucher zur Kasse bitten. Vom kommenden Jahr an soll eine Schachtel Zigaretten um einen Euro teurer werden.

Andreas Hoffmann und Robert Jacobi

(SZ vom 9.5. 2003) - Dies beschlossen SPD und Grüne am Donnerstag im Koalitionsausschuss. Mit dem Geld sollen die Krankenkassen entlastet und in die Lage versetzt werden, die Beiträge zu senken. Außerdem einigten sich die Koalitionäre auf Details zur Gesundheitsreform.

So sollen die Kassen keine Sterilisationen und künstlichen Befruchtungen mehr bezahlen. Zigaretten-Industrie und Opposition lehnen die Maßnahmen ab.

Die höhere Tabaksteuer ist ein Kernpunkt der Gesundheitsreform. Mit den Einnahmen von vier bis sieben Milliarden Euro sollen versicherungsfremde Leistungen der Kassen bezahlt werden. Dazu zählen das Mutterschaftsgeld oder Leistungen für Schwangere.

"Mutiger Schritt"

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz begründete den Schritt mit den geringen Tabakkosten im internationalen Vergleich: "Wir sind da ganz weit hinten." Zugleich hoffte er, dass die Zahl der Raucher sinke.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sprach von einem "mutigen Schritt", mit dem sich die Lohnnebenkosten schnell senken ließen.

Mit der höheren Steuer konnte sich Sozialministerin Ulla Schmidt im Streit mit Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) durchsetzen.

Sie plädierte bereits länger dafür, war im vergangenen Herbst zunächst an Bundeskanzler Gerhard Schröder gescheitert.

Später stemmte sich Eichel dagegen. Wie es hieß, soll das Geld aus der Tabaksteuer völlig in das Gesundheitswesen fließen. Eine Sprecherin von Arbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) stellte klar, dass das Geld nicht für Förderprogramme auf dem Arbeitsmarkt verwendet werden soll.

Mehr Ärzte-Wettbewerb

Neben einer höheren Tabaksteuer verständigte sich die Koalition auf weitere Details zur Gesundheitsreform.

So sollen die Versicherten künftig die Kosten für künstliche Befruchtungen und Sterilisationen selbst tragen. Diese Leistungen werden aus dem Katalog der Kassen gestrichen. Geblieben ist es bei der Absicht, dass die Bürger das Krankengeld selbst finanzieren sollen.

Auch Rentner sollen für ihre Betriebsrenten künftig höhere Kassenbeiträge zahlen. Noch nicht entschieden ist über das Sterbegeld und die Zuzahlungen bei Arzneien.

Schmidt wollte die Zuzahlungen senken, wenn sich ein Patient direkt an den Hausarzt wendet und nicht direkt zum Facharzt geht. Ebenfalls offen ist die geplante Praxisgebühr. Geeinigt hat sich die Koalition dagegen auf Strukturänderungen im Gesundheitswesen.

Nach Kritik aus den Fraktionen will Schmidt nun doch den Wettbewerb unter den Ärzten verschärfen.

So sollen die Kassen künftig mit neu zugelassenen Fachärzten direkt Verträge abschließen, was den Kassen mehr Macht gibt.

Damit setzte sich Schmidt über Einwände aus den Ländern, der Fraktion und den Ärzteverbänden hinweg. Liberalisiert wird der Arzneimittelhandel.

So wird das Verbot gelockert, wonach Apotheker nur ein Geschäft besitzen dürfen.

Ebenfalls strebt die Ministerin an, dass die Kassen von 2007 an jenseits ihrer Verbandsgrenzen fusionieren können.

Dadurch würde die Zahl der Kassen erheblich sinken und viele Manager ihrer Posten verlieren. Insgesamt will Schmidt mit der Reform die Kassen um 20 Milliarden Euro entlasten, der durchschnittliche Kassenbeitrag könnte so von derzeit 14,4 unter 13 Prozent sinken.

Offen ist, wie weit sie die Reform umsetzen kann, da der unionsdominierte Bundesrat vielen Vorhaben zustimmen muss. Die Zigarettenhersteller lehnten das Vorhaben ab. Unternehmensvertreter sprachen der "größten Tabaksteuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik". Die Branche müsse dadurch einen Rückgang ihres Absatzes von 20 Prozent fürchten.

Kritik kam auch von der Opposition. Das Vorhaben sei "kontraproduktiv in der gegenwärtigen konjunkturellen Lage", sagte Unions-Finanzexperte Michael Meister.

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