SZ-Serie: Rohstoffe (I):Mit Rohstoffen Rendite erzielen

Lesezeit: 3 min

Energie- und Rohstoffe erleben einen Boom wie nie zuvor. Nicht nur der Ölpreis ist rasant gestiegen, auch die Nachfrage nach Kohle, Erz oder auch Schiffsraum zieht stetig an. Die Verteuerung ängstigt die Wirtschaft. Für Anleger dagegen bietet der Trend Chancen. Die SZ berichtet in einer Serie über die Lage an den Rohstoffmärkten.

Von Hans-Willy Bein

Deutschland hat als Industrie- und Exportland kaum eigene Rohstoffe und ist auf Einfuhren angewiesen.

80 Prozent der Rohstoffimporte werden in Form von Fertigprodukten wieder ausgeführt. Turbulenzen an den Märkten und ein Preisanstieg wichtiger Vorprodukte gehen schnell an den Nerv der Wirtschaft.

Und die Verteuerungen sind drastisch: Das Barrel Öl kostet in der Spitze plötzlich mehr als 60 Dollar statt des Opec-Referenzpreises von unter 30 Dollar.

Nicht nur der Ölpreis steigt

Alle Welt schaut bei Energiepreisen zuerst auf Öl und Gas. Dabei erwartet die US-Bank Merrill Lynch für dieses Jahr Preissprünge auch bei der Kohle von 60 Prozent und mehr. In der Tat wird sich Kokskohle für deutsche Kunden als Ergebnis der Verhandlungen um Jahreskontrakte 2005 um 100 Prozent verteuern.

Und auch im Erz- und Metallgeschäft herrscht ein Kurs- und Preisfeuerwerk. So konfrontierten die wenigen Erzlieferanten die Stahlkonzerne in diesem Jahr mit Preiserhöhungen von 70 bis 85 Prozent. Die hohe Nachfrage nach Kupfer sorgte vorübergehend für einen Bestandsabbau an der Londoner Metallbörse. Der Preis erreichte das höchste Niveau seit mehr als 15 Jahren.

Verteuerung Queerbeet

Egal ob Energie, Industriemetalle oder Agrarprodukte: Alles ist deutlich teurer geworden. Der Rohstoffindex Reuters-CRB stieg in den vergangenen zehn Jahren um gut 30 Prozent. Seit 2002 - dem Jahr, seit dem es stetig aufwärts geht - legte er sogar um mehr als 60 Prozent zu.

Für Fachleute kam die Entwicklung an den Rohstoffmärkten nicht überraschend. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover hat schon vor Jahren vor dem Rohstoff-Zyklus gewarnt. Niedrige Preise in den neunziger Jahren hätten zu nachlassender Produktion und Aufschlusstätigkeit bei den Bergwerksgesellschaften und Rohstoffproduzenten geführt.

Eine klassische Reaktion. Aber auch auf Verbraucherseite machten die Experten in Hannover Versäumnisse aus. Die gesamte Industrie habe auf fallende Preise und Angebotsfülle spekuliert.

Klassische Vorsorgestrategien wie Vorratshaltung, die Erschließung neuer Bezugsquellen und Langfristverträge seien vernachlässigt worden. Zudem habe sich die deutsche Industrie so gut wie vollständig aus der internationalen Produktion von Rohstoffen zurückgezogen.

Produzenten an der Kapazitätsgrenze

Global gesehen gibt es nach Ansicht von Fachleuten keinen wirklichen Mangel an Rohstoff-Reserven. Allerdings arbeiten viele Produzenten derzeit an der Kapazitätsgrenze. Und eine kurzfristige Aufstockung ihrer Lieferungen ist nicht möglich. Zwar ist damit zu rechnen, dass die großen Rohstoffkonzerne zusätzliche Ressourcen erschließen. Doch dafür ist ein Zeitraum von mehreren Jahren zu veranschlagen.

"Die Rohstoff- und Ölpreisentwicklung bleibt Top-Thema", sagt Kurt Demmer, Chefvolkswirt der Düsseldorfer IKB Deutsche Industriebank. Angesichts anhaltend hoher Nachfrage und begrenzter Reserven verfestige sich der Eindruck, dass der Preis sich zwar wieder etwas zurückbilden, insgesamt aber auf hohem Niveau verharren werde.

Andererseits habe sich die Abhängigkeit der westlichen Industriestaaten vom Öl gegenüber den siebziger Jahren erheblich verringert. Insofern dürften die übrigen Rohstoffe Sorgen bereiten.

China verbraucht ein Drittel der Weltproduktion

Demmer spricht vom "Staubsaugereffekt" Chinas. China mit seinen 1,3 Milliarden Menschen wächst schon seit zehn Jahren mit Raten von zehn Prozent und mehr - entsprechend hoch ist der Bedarf an Energie, Stahl und Kohle. Dadurch saugt das Land über 30 Prozent der weltweiten Produktion von Eisenerz auf.

Auch bei Aluminium oder Metallen sind die Einfuhrraten gigantisch. Trotz der gewollten Dämpfung der Expansion ist ein Ende des Wachstums nicht in Sicht. Zu groß ist der Nachholbedarf. Und: Hinter China warten andere Wachtumsregionen mit riesigen Märkten wie Indien oder lateinamerikanische Länder.

Die Börse spiegelt den Trend wider: Nicht Industriepapiere, sondern Rohstoff- und Energietitel waren 2004 die Gewinner an den Aktienmärkten. Der Rohstoffindex der Deutschen Börse ließ 2004 mit einem Plus von 56 Prozent alle anderen Branchen hinter sich. Nur ein Jahr davor war er noch das Schlusslicht.

Kurzfristige Kursrisiken

An Amerikas Wall Street zählten Kohle-Aktien im vergangenen Jahr zu den absoluten Kursgewinnern. Aktionäre des Kohleproduzenten Peabody konnten ihre Anlage binnen Jahresfrist mehr als verdoppeln.

Entdeckt wurden die Papiere offenbar aus Furcht vor der Abhängigkeit von wachsenden Importen. Kohle ist für die Amerikaner schließlich der einzige Brennstoff, bei dem die inländische Förderung den Verbrauch übersteigt.

Noch junger Trend

Generell glauben Analysten, dass der Trend noch für mindestens zehn Jahre anhält. Daran können vorübergehende Korrekturen einzelner Produkte nichts ändern. Der amerikanische Anlage-Guru Jim Rogers, Mitbegründer des legendären Quantum Fonds vor über 30 Jahren, hält das nach dem steilen Preisanstieg für normal.

Rohstoffe gehören seiner Ansicht nach in jedes breit gestreute Depot. Banken raten zu einem Portfolio-Anteil von bis zu zehn Prozent - höchstens. Denn wegen der stärkeren Preisausschläge an den Märkten sind auch die kurzfristigen Kursrisiken bei Rohstoff-Anlagen besonders groß.

Neben Energie- und Rohstoffaktien oder entsprechenden Fonds können private Investoren sich durch spezielle Finanzprodukte am Rohstoff-Geschäft beteiligen: Etwa mit Zertifikaten auf einzelne Rohstoffe oder mit breiter angelegten Zertifikaten auf Indizes. Die SZ wird die verschiedenen Möglichkeiten in den folgenden Teilen der Serie darstellen.

© SZ vom 05.07.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: