SZ-Serie IV: Erben:Vermögen in Raten übertragen

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Wer seinen Besitz zu Lebzeiten an die nächste Generation verschenkt, kann unter bestimmten Voraussetzungen die Steuerlast erheblich senken.

Von Heinz-Josef Simons

Man hat sein ganzes Leben gearbeitet und ein ansehnliches Vermögen zusammen getragen. Das reicht zumindest für einen finanziell halbwegs sorgenfreien Ruhestand.

Doch auch die Kinder sollen so früh wie möglich wenigstens einen Teil davon abbekommen. Ein Entschluss ist schnell gefasst, der Nachwuchs wird eine Schenkung erhalten. So etwas nennen Rechtsexperten "vorweggenommene Erbfolge".

Doch nicht nur die mittlerweile volljährigen Sprösslinge freuen sich. Auch das Finanzamt ist recht angetan. Verständlich, müssen "Begünstigte", so heißen Erbnehmer oder Beschenkte im Fachjargon, doch zum Teil erheblich Steuern beim Eigentümerwechsel von Vermögenswerten zahlen.

Und genauso verständlich ist es, dass vor allem Vermögende alles daran setzen, dem Finanzamt möglichst viel von der hart erarbeiteten Habe vorzuenthalten.

Der Zugriff des Staates kann die Vermögenssubstanz erheblich schmälern, wenn die Beteiligten keine Vorkehrungen treffen, mit denen sich die Steuern verringern lassen. Aber: "Eine mögliche Steuerersparnis sollte bei der Vermögensübertragung nicht das erste und das wichtigste Ziel sein", warnt Ludger Strecker, Rechtsanwalt und Leiter "Nachlass- und Stiftungsmanagement" bei der Commerzbank in Frankfurt.

Wichtig sei in der Hauptsache, dass mit der vorgesehenen Übergabestrategie, in den meisten Fällen an die nächste Generation, die wichtigsten Ziele des künftigen Erblassers oder jetzigen Schenkenden erreicht werden.

Freigebigkeit riskant

Wer die Angehörigen bis zu seinem letzten Atemzug auf die Folter spannen möchte, sollte in jedem Fall ein Testament machen. Denn durch die Abfassung eines letzten Willens, der den rechtlichen Vorgaben entspricht, kann der momentane Vermögensinhaber vermeiden, dass nach seinem Ableben die gesetzliche Erbfolge eintritt (Teil 1 der Serie).

In einem solchen Fall würden dann oft auch Angehörige profitieren, die eigentlich keinen Euro abbekommen sollen. Allein unter steuerlichen Gesichtspunkten am sinnvollsten ist es sowieso, frühzeitig sein Vermögen ganz oder teilweise zu verschenken. "Aber dann muss man sich darüber bewusst sein, dass sich die eigene Freigebigkeit nicht mehr so einfach rückgängig machen lässt", warnt Ludger Strecker.

Verschenken statt vererben. Wer sein Vermögen dennoch zu Lebzeiten verschenken möchte, der hat eine ganze Reihe steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen sich der Zugriff des Finanzamts mildern lässt.

Wichtig: Solche Strategien sollten keinesfalls ohne Hilfe eines versierten Rechtsbeistands, etwa eines Anwalts, Notars oder Steuerberaters, realisiert werden. Verschenken ist eine der besten Möglichkeiten, das Finanzamt bei der Vermögensübertragung weitgehend außen vor zu lassen.

Begründung: "Ihre persönlichen Freibeträge dürfen Begünstigte alle zehn Jahre aufs Neue nutzen", erläutert Steuerberater Lutz Koch aus Eschweiler bei Aachen. So können Eltern einem Kind innerhalb von 20 Jahren auf Grundlage der aktuellen Freibeträge Vermögenswerte für 615.000 Euro steuerfrei übertragen.

Freibeträge verdoppeln. Der persönliche Freibetrag von 205000 Euro, der jedem Sprössling zusteht, gilt pro Elternteil. Gehört das zu übertragende Vermögen beiden Ehepartnern gemeinsam, lässt sich der Freibetrag des Kindes problemlos auf 410000 Euro verdoppeln.

Umwege nutzen. Die Höhe der Freibeträge hängt auch vom Verwandtschaftsgrad zum Begünstigten ab. Je enger die Bande, desto höher der steuerfrei übertragbare Vermögenswert. Wer etwa seinen Enkeln etwas Gutes tun möchte, kann einen lukrativen Umweg nehmen. Zuerst die Kinder bedenken, die nach gebührendem zeitlichem Abstand die Schenkung an den eigenen Nachwuchs weiterreichen.

Lebensversicherung. Mitunter bietet sich auch eine Policen-Strategie an. Demnach zahlt ein Gönner die Versicherungsbeiträge als Einmalleistung auf einen Schlag. Daraufhin wird der Vertrag dem Begünstigten geschenkt. Der wiederum darf sich entscheiden, ob er zur Bemessung der fälligen Schenkungsteuer zwei Drittel der gezahlten Prämie oder aber den zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung aktuellen Rückkaufswert der Police ansetzt. Der Beschenkte darf wählen, was für ihn steuerlich günstiger ist.

Kleine Geschenke steuerfrei. Gegen kleinere Geschenke hat auch das Finanzamt praktisch nichts einzuwenden. Eheleute dürfen beispielsweise dem Partnern Geschenke bis zu einem Gegenwert von 41.000 Euro machen, ohne dass dies den Fiskus weiter interessiert. Das Gleiche gilt für Eltern, die ihrem Nachwuchs finanziell unter die Arme greifen möchten. Wenn also die Kinder ihre erste Wohnungseinrichtung oder anderes geschenkt bekommen, bleibt das Finanzamt bis zum oben erwähnten Vermögenswert außen vor.

Schulden verrechnen. Ein Großteil des Vermögens der Menschen in Deutschland ist in Immobilien investiert, darunter auch zu einem erheblichen Teil in Mietobjekten. Dies hat unter steuerlichen Aspekten den größten Vorteil, falls die Finanzierung überwiegend mit Hilfe eines Hypotheken-Darlehens realisiert wurde. Folge bei einer Erbschaft oder Schenkung: Die Schulden, die noch auf Grund und Boden lasten, dürfen vom Immobilienwert steuersparend abgezogen werden. Auch dadurch lässt sich die Erbschaftsteuer spürbar verringern.

Urteil erwartet

Allerdings dürften Immobilien wie Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Mietobjekte künftig nicht mehr so beliebte Vermögenswerte bei einer Übertragung sein. Denn momentan prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die steuerlich günstigen Werte von Immobilienvermögen bei Erbschaften und Schenkungen dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung entsprechen.

Traditionell werden Häuser und Grundstücke wertmäßig weitaus niedriger angesetzt als etwa Aktien, festverzinsliche Wertpapiere oder andere Vermögensgegenstände. Hier wird die Höhe der Erbschaft- oder Schenkungsteuer auf Grundlage der aktuellen Verkehrswerte ermittelt.

Folge ist, dass vor allem Menschen mit ansehnlicher Habe kurz vor einer Übertragung ihre Investments von Geld- in Immobilienvermögen umschichteten, um dadurch Steuern zu sparen. Dies dürfte künftig jedoch nicht mehr sinnvoll sein, weil die steuerlichen Privilegien von Immobilien durch das Bundesverfassungsgericht wohl gekippt werden.

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