SZ-Serie III: Erbschaftsteuer:Das Finanzamt will auch seinen Anteil

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Wie viel Erben an den Staat abliefern müssen, hängt von deren Verwandtschaftsgrad zum Erblasser oder Schenkenden ab und dem Wert des Vermögens.

Von Heinz-Josef Simons

(SZ vom 24.10.2003) — Bei ihrer traditionellen Wohlstands- und Reichtumsanalyse für Deutschland schauen die Experten der Kölner BBE-Unternehmensberatung regelmäßig genau hin.

Tabelle (Foto: Foto:)

Das gleiche machen, sozusagen im amtlichen Auftrag, auch die Deutsche Bundesbank und das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden. Momentan nennen die Privathaushalte zwischen Kampen und Kempten, Frankfurt/Main und Frankfurt/Oder ein Bruttovermögen von rund acht Billionen Euro ihr eigen. In Zahlen ausgedrückt ist das eine acht mit zwölf Nullen.

Das Geld steckt vor allem in Immobilien, Aktien, festverzinslichen Wertpapieren, Investmentfonds, als Bares unter dem Kopfkissen oder im Schuhkarton sowie im Mobiliar der eigenen Wohnung.

Zieht man vom Bruttowert Schulden wie Hypotheken-Darlehen und andere Verbindlichkeiten ab, bleibt immer noch ein Nettovermögen von vier Billionen Euro.

Abgabenhöhe gestaffelt

Davon wird in den nächsten zehn Jahren, so übereinstimmende Schätzungen, rund die Hälfte als Erbschaften oder Schenkungen vor allem an die nächsten Generationen weitergegeben.

Meist Kinder und Enkel, Ehegatten und Schwippschwager, Neffen und Nichten werden sich über den oft erwarteten, manchmal auch überraschenden Reichtum freuen. Aber nicht die alleine. Denn Vermögensübertragungen sind nicht kostenlos. Mitunter müssen die Begünstigten ordentlich zahlen. Denn sobald die im Wert klar bestimmte Habe den Eigentümer wechselt, verlangt auch der Staat seinen Anteil.

Gezahlt werden muss Erbschaft- oder Schenkungsteuer, abhängig davon, aus welchem Anlass und auf welchem Weg eine Vermögensübertragung stattgefunden hat.

"Ob ein Begünstigter mehr oder weniger zahlen muss, hängt hauptsächlich vom Wert des Nachlasses und dem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Wohltäter ab", sagt Lutz Koch, Steuerberater in Eschweiler bei Aachen. So ist es aus steuerlicher Sicht schon ein erheblicher Unterschied, ob der Ehepartner und die Kinder beispielsweise eine halbe Million Euro geschenkt bekommen oder aber die Geschwister, ganz zu schweigen von den Schwiegerkindern. Hier gilt die Faustformel: Je enger die familiären Bande im eigenen Clan, desto bescheidener die Forderungen des Finanzamts.

Gatten und Kinder im Vorteil

Allgemein unterscheidet der Gesetzgeber drei Steuerklassen. "Diese gelten allein bei Vermögensübertragungen und dürfen deshalb nicht verwechselt werden mit den sechs Klassen bei der Einkommensteuer", erläutert Berater Koch.

In Klasse I befinden sich etwa begünstigte Ehegatten, Kinder und weitere Abkömmlinge in gerader Linie. In Klasse II Geschwister, Neffen und Nichten sowie Stiefeltern und in der schlechtesten Klasse III alle übrigen Begünstigten (s. unten)

Diese Klassifizierung hat aus Sicht der Finanzverwaltung einen guten Grund. Denn jedem Klassen-Mitglied ist ein bestimmter Freibetrag bei Schenkung und Erbschaft zugeordnet. "Der Begünstigte muss somit nicht den gesamten Vermögenswert versteuern. Zuvor darf ein bestimmter Betrag, dessen Höhe von der Klassen-Zugehörigkeit abhängt, abgezogen werden", erläutert der Kölner Rechtsanwalt Günter Reinert. Ehegatten haben bei Erbschaften und Schenkungen den höchsten Freibetrag, gefolgt von Kindern und weiter entfernten Verwandten sowie Nicht-Angehörigen.

Schulden berücksichtigt

Doch der Vermögensanteil, den das Finanzamt beanspruchen darf, hängt nicht allein von den verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Wohltätern und Begünstigten ab.

Berücksichtigt wird nicht zuletzt der Wert des so genannten steuerpflichtigen Erwerbs. Dabei handelt es sich - vereinfacht - um das Nettovermögen, bei dem Schulden und Verbindlichkeiten bereits berücksichtigt sind. Faustformel erneut: Die prozentuale Steuerlast steigt mit zunehmendem Vermögenswert und der Klassenmitgliedschaft.

Angenommen der Ehegatte hat einen steuerpflichtigen Erwerb von 250.000 Euro. Als Mitglied der Klasse I muss er dafür elf Prozent Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen. Hätte jemand aus Klasse III einen identischen Vermögenswert geerbt oder geschenkt bekommen, betrüge die Steuerlast bereits 23 Prozent.

Noch haben Begünstigte eine ganze Reihe legaler Gestaltungsmöglichkeiten, um die Steuerlast bei Vermögensübertragungen zu verringern. Erprobte Strategien folgen im letzten Teil der Serie zum Thema "Erben und Schenken".

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