Suche nach Rettungsplan:Bei Mitsubishi brennt es lichterloh

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DaimlerChrysler braucht viele Milliarden Euro zur Sanierung seiner asiatischen Konzernsäule.

Von Dagmar Deckstein

Die Zeiten vornehmer Zurückhaltung bei DaimlerChrysler sind jetzt auch für die großen Fondsgesellschaften vorbei.

So will Klaus Kaldemorgen, der Deutschlands größte Publikumsgesellschaft DWS Investments auf der Aktionärsversammlung vertritt, am heutigen Mittwoch in Berlin kein Blatt vor den Mund nehmen: "Am Beispiel Mitsubishi Motors wird sich zeigen, ob der Konzern noch die Kraft hat, Fehlentscheidungen zu korrigieren.

Mitsubishi Motors ist ein Unternehmen von zweifelhafter Qualität und einem drittklassigen Markennamen."

Morsche Säule der Welt AG

Keine Frage, auf der neben Chrysler zweiten Dauerbaustelle der Welt AG in Japan brennt es lichterloh, und wenn DaimlerChrysler nicht weitere Milliarden zum Löschen hineinpumpt, stürzt mit dieser dritten, morschen Säule das ganze Projekt der Welt AG.

Nach jüngsten Medienberichten, die sich auf Konzernkreise berufen, sucht der Stuttgarter Automobilhersteller offenbar neue Miteigner für die notleidende, japanische Beteiligung.

Bestätigen wollte ein Konzernsprecher den angeblichen Rettungsplan für Mitsubishi allerdings nicht, wonach angeblich institutionelle Investoren über neu ausgegebene Vorzugsaktien 33 Prozent an Mitsubishi erwerben sollen.

Fest steht nur, dass der japanische Autobauer, an dem DaimlerChrysler vor vier Jahren zunächst 34 Prozent der Anteile erwarb, inzwischen Schulden von 5,7 Milliarden Euro angehäuft hat, ungefähr 5,5 Milliarden Euro für die Sanierung, für den Schuldenabbau und die Entwicklung neuer Modelle bräuchte, und dass der DaimlerChrysler-Vorstand am 19. April über eine weitere Milliarden-Hilfe für Mitsubishi beraten will.

Wie ein Kartenhaus

Dem Vernehmen nach lässt sich Konzernlenker Jürgen Schrempp parallel zu möglichen Rettungsplänen auch die Kosten für den Ausstieg ausrechnen. Aber daran mag niemand recht glauben; nicht nur für den Gelsenkirchener Professor für Automobilwirtschaft, Ferdinand Dudenhöffer, ist klar, was das bedeutete: "Dann fällt die Welt AG von Schrempp zusammen wie ein Kartenhaus."

Bei dessen Ausbau im Jahr 2000, als sich DaimlerChrysler bei der Mitsubishi Motor Corporation (MMC) einkaufte, war einer der wichtigsten Gründe der Einstieg in den asiatischen Lastwagenmarkt. Der war mit der Beteiligung an MMC gelungen, weil der Lkw-Hersteller Fuso zu dieser Gruppe gehörte.

Aber Mitsubishi erwies sich immer deutlicher als Klotz am Bein, zumal da die schwache Marke weder in Europa, Asien noch in den USA einen ausgeprägten Markt fand. Der nach Tokio entsandte DaimlerChrysler-Manager Rolf Eckrodt konnte zwar nach kurzer Zeit schwarze Zahlen im US-Geschäft nach Stuttgart melden, doch alsbald stellte sich heraus, dass die Verkäufe über riskante Kundenkredite erfolgt waren.

Als die faul wurden, rissen die Verluste ein Milliarden-Loch in die Kasse. Schwerer noch als eine neue Markenstrategie für Mitsubishi wiegt aber, dass das japanische Sorgenkind mittlerweile enge Verflechtungen mit den Konzernteilen Chrysler und Smart aufweist.

Entsetzensschrei aus Tokio

So besteht das Vorzeigeprojekt der Zusammenarbeit in der gemeinsamen Produktion des Viersitzers Smart "fourfour" und des Mitsubishi "Colt". Und Chrysler entwickelt derzeit mit Mitsubishi drei Modelle gemeinsam. Wie solche Vernetzungen bei einem Ausstieg der Stuttgarter wieder getrennt werden sollen, ist die eine große Frage.

Die noch größere lautet: Wer kauft in dieser Zeit DaimlerChrysler zwei lahmende Töchter ab, ohne dass den Aktionären die Augen nicht noch mehr tränen als jetzt schon? Zur Zeit arbeiten jedenfalls Smart-Chef Andreas Renschler mit einem von DaimlerChrysler entsandten Projektteam an der Mittelfristplanung für Mitsubishi.

Kolportiert wird, dass mittlerweile schon der eine oder andere Entsetzensschrei aus Tokio in die Stuttgarter Konzernzentrale gedrungen sei.

Gezielt lanciert über den Business-Newsletter "Dossier B." wurde allerdings unlängst auch, dass Renschler alles daran setze, als Eckrodt-Nachfolger - dessen Vertrag endet zum Jahresende - den Tokioter Schleudersitz einzunehmen. Schon deswegen, weil er mit dem neuen Mercedes-Chef Wolfgang Bernhard, der bislang noch zweiter Mann bei Chrysler ist, nun überhaupt nicht könne.

Dass schließlich die Ertragssäule und Kernmarke des Konzerns Mercedes neuerdings auch schon mit Qualitätsproblemen von sich reden macht, zeigt eine weitere Performance-Schwäche der Welt AG: Die hochqualifizierten Managementteams, die regelmäßig für die Löscharbeiten auf den japanischen und amerikanischen Brandherden gebraucht werden, fehlen zu Hause.

© SZ vom 07.04.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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