Studie:Eine Million neue Jobs in Ostdeutschland

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Schluss mit verlängerter Werkbank des Westens. Der Ostbeauftragte Wolfgang Tiefensee (SPD) will in den neuen Ländern gutbezahlte Dienstleistungs-Jobs finanziell fördern.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) spricht Klartext: Was dem Osten Deutschlands fehlt, sind Arbeitsplätze in Handel und Forschung sowie in der Gesundheits- und Rechtsberatung.

So geht's wieder bergauf: Wolfgang Tiefensee will hochwertige Dienstleistungs-Jobs in den neuen Ländern finanziell fördern. (Foto: Foto: ddp)

Im Zeitraum 2005 bis 2020 könne die Zahl solcher Stellen in ganz Deutschland um 4,6 Millionen und speziell in Ostdeutschland und Berlin um etwa 1 Million ausgebaut werden, verlas Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung und zugleich verantwortlich für den Aufbau Ost.

Gemeinsam mit DIW-Präsident Klaus Zimmermann stellte Tiefensee am Montag in Berlin die Ergebnisse einer vom Bund in Auftrag gegebenen Studie vor. Ihr Titel: "Neue Bundeslaender: Großes Beschäftigungspotenzial bei Dienstleistungen".

Um den Job-Motor anzukurbeln fordert Tiefensee eine Erhöhung der regionalen Wirtschaftsförderung - eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern -, sowie die bis Ende 2008 befristete Investitionszulage um ein Jahr zu verlängern und für den Bereich Forschung auszubauen. Schon bei der Kabinettsklausur Ende August in Meseberg bei Berlin wolle Tiefensee sich dafür einsetzen.

17 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch "verlängerte Werkbank"

Noch seien die neuen Länder gerade in "wissensintensiven" Dienstleistungsbereichen "unterbelichtet": Informationstechnologie, Rechts- und Wirtschaftsberatung sowie Unternehmensforschung und -entwicklung. Das müsse sich ändern.

Und zwar dergestalt, dass solche Aufgaben künftig aus dem Westen auf zentrale Standorte in den neuen Ländern verlagert werden sollen. Denn 17 Jahre nach der Wiedervereinigung diene der Osten oftmals noch immer nur als "verlängerte Werkbank" westdeutscher Zentralen. Forschung und Entwicklung der Unternehmen müssten aber in der Nähe der Produktion angesiedelt werden.

DIW-Chef Zimmermann sekundierte, die Bundesregierung sei mit der gezielten Förderung von Wachstumszentren auf dem richtigen Weg. Solche Zentren strahlten auf die umliegenden Gebiete aus - wie etwa Berlin auf den Speckgürtel Brandenburg oder die Technologie- und Automobilzentren Dresden, Leipzig und Eisenach bis weit nach Thüringen.

Das Konzept steht und fällt mit der Abwanderung gen Westen

Zugleich stehe und falle das Konzept aber mit einer Umkehr des dramatischen Bevölkerungsschwunds. Nach DIW-Annahmen wird die Einwohnerzahl in Ostdeutschland im Zeitraum 2005 bis 2020 um gut 500.000 Personen sinken. Nur für den Großraum Berlin wird mit einem Bevölkerungszuwachs gerechnet.

"Schon heute arbeiten drei Viertel aller Beschäftigten in Ostdeutschland im Dienstleistungssektor", sagte Tiefensee. "In Zukunft brauchen wir dort mehr hochqualifizierte, unternehmensnahe Dienstleistungen. Die wirtschaftliche Zukunft in Ostdeutschland liegt nicht in niedrig bezahlten, sondern in höherwertigen Jobs. Wir werden alles tun, um das aufgezeigte Beschäftigtenpotenzial möglichst umfassend auszuschöpfen", sagte der Minister.

Nach DIW-Angaben sind in Deutschland derzeit knapp 27,9 Millionen Menschen im tertiären Sektor beschäftigt: 22,5 Millionen in den alten, 5,35 Millionen in den neuen Ländern. Die Hoffnung auf zusätzliche 4,6 Millionen Stellen in Deutschland bis 2020 ruhen auf folgenden Annahmen: So wird von einem Bevölkerungsanstieg von momentan 82,5 Millionen auf 83,3 Millionen bis zum Jahr 2020 und einer Zunahme der Erwerbstätigkeit von 38,9 Millionen auf 42,9 Millionen Beschäftigten ausgegangen.

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