Studie:"Demografische Zeitbombe" vielleicht überbewertet

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Die Angst vor dem Kollaps der Rentensysteme ist unter Umständen übertrieben. Einer Studie zufolge könnte ein höheres Renteneintrittsalter die Lösung sein.

Die Angst vor dem Zusammenbruch der Rentensysteme durch die Überalterung in Industriegesellschaften ist unter Umständen übertrieben.

Dies geht aus Berechnungen des New Yorker Wirtschaftswissenschaftlers Warren Sanderson und des Wiener Forschers Sergei Scherbov vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hervor, die in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift Nature veröffentlicht werden.

Sanderson und Scherbov vertreten darin die Ansicht, dass die anhaltende Zunahme der Lebenserwartung in Staaten wie den USA, Deutschland und Japan von den Rentensystemen verkraftet werden kann. Dies sei dann möglich, wenn auch das Renteneintrittsalter steigt.

Überlastung der Staatshaushalte vermeidbar

Üblicherweise wird angenommen, dass der Eintritt der Baby-Boom-Generation ins Rentenalter wie eine demografische Zeitbombe für die sozialen Sicherungssysteme der Industriestaaten wirkt. Es sei jedoch möglich, eine Überlastung der Staatshaushalte und der nachwachsenden Generationen zu verhindern, erklären Sanderson und Scherbov.

Ein 50-Jähriger werde 2050 im Schnitt genauso viele Lebensjahre vor sich haben wie ein 40-Jähriger im Jahr 2000. "In Lebensbereichen, in denen der Planungshorizont wichtig ist, etwa beim Sparen und beim Aufrechterhalten von beruflichen Fähigkeiten werden ältere Menschen sich so verhalten, als wären sie noch jünger", heißt es in dem Bericht. Die noch verbleibende Lebenserwartung wirke auf das Vorsorgeverhaltung und die ökonomische Planung der Bürger zurück.

Nach Ansicht von Sanderson und Scherbov könnten die angenommenen Probleme bei den Sozialsystemen in den USA aufgefangen werden, wenn das Renteneintrittsalter ab 2020 jedes Jahr zwei Monate weiter nach hinten verlegt wird. In Deutschland und Japan müsse die Verzögerung des Renteneintrittsalters jedoch in größeren Schritten erfolgen.

Im Einzelnen fallen die Berechnungen für die drei untersuchten Staaten unterschiedlich aus. Für Deutschland errechneten die Experten, dass der Durchschnittsbürger im Jahr 2000 knapp 40 Jahre alt war und eine Lebenserwartung von insgesamt 79 Jahren hatte. Er konnte also auf 39 Jahre vorausschauen. Im Jahr 2050 dürften die Deutschen im Schnitt 51,9 Jahre alt sein. Sie könnten sich dann jedoch auf eine Lebenserwartung von 89,1 Jahren einstellen - und hätten also noch 37,2 Jahre vor sich.

Zuwanderung senkt Durchschnittsalter

In den USA hingegen lag das Durchschnittsalter im Jahr 2000 lediglich bei 35,3 Jahren, die noch verbleibende Lebenserwartung bei 43,5 Jahren. Wegen der höheren Fruchtbarkeit und der stärkeren Effekte der Einwanderung in den USA dürfte das Durchschnittsalter 2050 nur auf 41,7 Jahre ansteigen, die restliche Lebenserwartung würde dann sogar noch 45,8 Jahre betragen.

Wiederum anders ist die Situation in Japan, wo die niedrigen Geburtenraten und die zunehmende Lebenserwartung sich besonders drastisch auswirken. Von einem Durchschnittsalter von 41,3 Jahren mit ebensolanger Restlebezeit im Jahr 2000 dürfte sich der Studie zufolge bis 2050 eine Verschiebung auf ein Durchschnittsalter von 57 Jahren mit einer verbleibenden Lebenserwartung von 35 Jahren ergeben.

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